Nach dem Trojanischen Krieg zieht Odysseus über das Meer in einer Irrfahrt zurück nach Griechenland. Er wünscht sich sehnlichst nach Ithaka und wir uns nach vielen Hindernissen, Pannen und Wirrungen an einen ruhigen Ort und gesegnet von Glück. Lass die Götter unseren Wunsch erhören.
Der unbarmherzige Helios
Zwar haben wir uns nicht den Zorn Poseidons aufgeladen, doch scheint uns dafür Helios ungesonnen zu sein. Kaum in Griechenland angekommen, steigt die Grad-Anzeige auf über 30. Doch bleibt sie nicht stehen und haben wir jeden Tag bereits vor 10 Uhr 32 oder 33 Grad. Es ist heiß. Verdammt heiß! Die Sonne brennt hinab und wir erreichen auch die 40 Grad. Nur mit offenen Bus können wir schlafen. Wir hoffen auf eine Brise Wind und bitten bei Anemoi, dem Windgott, um Hilfe. Doch stehen wir auch nicht in seiner Gunst. Wir tragen nur kurzes, wenn überhaupt. Alle werden braun, obwohl wir die Sonne meiden und den Schatten suchen. Man schwitzt auch wenn man nichts tut und tun kann man nichts. Jeder Fussweg auch zum Strand ist anstrengend und die Abkühlung vom Meer ist vergessen, wenn man das Auto wieder erreicht. Eigentlich ist man bereits trocken, wenn die letzten Wellen die Füsse gerade noch berühren. Wir parken also direkt auf dem Strand, haben dann aber keinen Schatten. Ein Dilemma. Wir sind an den schönsten Plätzen mit herrlichen Wasser. So zum Beispiel ein Platz direkt neben dem Wasser und einer Palme. An ein paar Bäumen außerhalb der Parkflächen haben Kinder Baumhäuser gebaut. Lilou klettert und entdeckt. Wir sind nicht alleine hier. Zwei große Zelte stehen auf dem Strand. Ein großes Sonnensegel überspannt sie beide. Darunter zwei Männer beim Gitarrenspielen. Am Abend sind sie zu dritt und wir setzen uns dazu. Sie stellen sich vor, alle heißen Andreas und sie sind Cousins. Sie haben ihr Wochenende hier verbracht, gefeiert und das Meer genossen. Jetzt geht es noch los, aber nicht ohne uns vorher ein wenig zu erzählen, Gitarre zu spielen und einer von ihnen nennt uns die Adresse in Athen, an der er seinen Coffeeshop hat. Ein kurzer aber feiner Abend und wir genießen die Gesellschaft.
Aber lange können wir an diesen Orten nicht stehen, zwar können wir mit Sonnenschirmen, Markise etc. Schatten bauen, aber gegen das aufgehitzte Land und den Zorn Helios kommen wir nicht an. Wir müssen weiter, getrieben von der Hitze. Am Abend wird geduscht, um den Schweiß und das Salz wegzuspülen und in der Hoffnung das in der leichten Brise der Körper aufhört zu dampfen. Wenn alle duschen, reicht das Wasser für zweimal. Manchmal ist es aber das Wasser so heiß, dass wir bis spät abends warten müssen oder uns nur schnell abspritzen. Wenn es leer wird, nehmen wir Wasser aus dem Trinkwasserbehälter. Aber so wird das Wasser natürlich insgesamt knapper. Wir kaufen welches und füllen ständig nach. Auch eine schweißtreibende Tätigkeit. Ein Teufelskreis. Oder hier vielleicht als Hadeskreis bezeichnet.
Die Winterdecken werden mit leichteren Bezügen versehen, um kurz darauf nur noch mit den Leintüchern zu schlafen. Wenn überhaupt. Wir suchen Schutz in der Fahrt und mit Klimaanlage über die flimmernden Asphaltstraßen. Wir fühlen uns wie Gejagte und bleiben immer nur eine Nacht stehen. Immer weiter geht es, um dem heißen Ungeheuer zu entkommen. Es geht nach Athen. Hier wollen wir Lilous Oma abholen. Ein Tag vorher kommen wir an, genug Zeit um uns Athen anzusehen. Als wir an Athens Campingplatz ankommen, verweigert man uns mit dem selbst ausgebauten Bus den Eintritt. Keine Chance und der Thermostat zeigt 38 Grad Celsius an. Gefühlt sind es über 40. Ich schüttel sofort den Kopf, dabei rutschen die Schweißperlen von der Stirn. Bei den Temperaturen können wir uns keine Stadt ansehen. Egal wie schön sie ist, das macht keiner von uns drei lange mit. Also fliehen wir raus aus Athen, wieder ans Meer und abkühlen.
Am nächsten Tag geht es wieder nach Athen, wir wollen Andreas besuchen. Das haben wir versprochen. Athen ist groß und trotz dreispuriger Strasse herrscht viel Chaos. Es erinnert mich ein wenig an Neapel, doch existiert hier kein Ehrenkodex. Es ist einfach chaotisch und echt gefährlich. Einige Blech- und Aluteile am Straßenrand beweisen das. Wir bleiben ruhig und parken ebenfalls in der zweiten Reihe gegenüber von Andreas Coffeeshop. Ein kleiner netter Laden. Alles selbstgemacht und seit langem wieder richtig guter Kaffee. Das sehen wohl nicht nur wir so, den der Laden ist gut besucht. Andreas freut sich uns zu sehen. Er erzählt uns gleich, dass er nicht wie geplant vom Strand zurück gefahren ist. Sein Auto ist mit fehlenden Sprit stehen geblieben. Die nächste Tankstelle zu und als er den Tankwart geweckt und angebettelt hat, ihm zu helfen wurde er erstmal auf ein Glas Wein eingeladen. Also eine lange Nacht, aber jetzt steht er im Laden und lädt uns ein. Nur das Sandwich dürfen wir bezahlen. Der Rest ist gratis für den coolsten Deutschen, den er je getroffen hat und seine süße Tochter. Sein Traum ist das zu machen, was wir jetzt tun und so will er uns kaum gehen lassen. Er gibt uns viele Tips zum Ansehen und bietet uns auch an auf unser Auto aufzupassen. Sogar seinen hart umkämpften Parkplatz will er uns überlassen. Aber wir haben nicht mehr viel Zeit. Viel zu wenig um noch etwas anzuschauen und die Hitze ist nicht weniger geworden.
Wir sind getrieben und so treibt es uns weiter. Man darf es kaum erwähnen, aber wir fahren raus Richtung Flughafen in ein grosses Shopping Center. Dort ist es kühler und wir können einiges holen, was wir so brauchen. Ein weiteren wasserdichten Sack, Mückenspray, Schwimmweste für Lilou und und und. Traurig so dicht an den griechischen Wahrzeichen zu sein und sie nur aus der Ferne zu sehen. Wahrscheinlich haben wir uns so den Zorn der Götter aufgezogen, welche diese Odyssee verursacht. Aber es war die Hitze, die uns trieb und auch weiterhin treibt.
Der Streich von Zeus
Das wir nicht die einzigen sind, die vom Helios Zorn betroffen sind, merken wir nach Athen. Wir haben die Oma zu ihrem Massage Lehrgang gebracht und bleiben dort zwei Tage. Wir können alles waschen und mal wieder das Auto klar Schiff machen. Die Hitze spülen wir im Pool ab und genießen es auch nicht kochen zu müssen. Lilou freut sich über die Oma und spielt mit ihr, entdeckt das große Trampolin und Spielfiguren. Außerdem gibt es eine hohe Baumplattform, ähnlich wie die Baumhäuser am Strand mit den Andreas. Das wird erobert und die Leute von oben beobachtet. Auch die Oma genießt es mit Lilou und ist sehr traurig, als wir fahren.
Aber wir müssen weiter. Raus aus der Hitze und direkt das nächste Hindernis besiegen. Unser Strom will nicht mehr. Erst fällt er komplett aus. Damit hatte ich schon gerechnet. Am Gardasee hatten wir Mal kurz Probleme, bis ich darauf kam, dass der Schutz vor zuviel Entladung verhinderte, dass das Solarmodul die Batterie auflädt. Also habe ich es kurzerhand überbrückt und das Kabel nur provisorisch verlegt. Eigentlich hatte ich nach den ganzen Straßen schon früher mit einem Cut gerechnet. Aber er kommt erst jetzt. Also mache ich es nun sauber mit den nötigen Klemmen fest und der Strom fließt wieder. Diesen Streich von Zeus kann ich schnell beseitigen. Doch kurz darauf merke ich, dass wir nicht mehr die vollen 100% haben. Ich schaue jeden Abend nach und es ist das erste Mal seit dem Beginn der Reise. Keine volle Batterie und das obwohl wir in der prallen Sonne stehen. Ich bin verwirrt, was hat Zeus nun vor? Also will ich mit dem Multimeter den Stromfluss messen. Allerdings habe ich wohl beim letzten Mal vergessen diesen auszuschalten. Batterie leer. Das Werkzeug geht nicht mehr. Fortuna, die Glücksgöttin, ist auch nicht auf unserer Seite und treibt die Irrfahrt weiter.
Unter Helios heißen Grüßen radeln wir in das nächste Geschäft, um eine Blockbatterie zu kaufen. Wieder zurück zeigt das Multimeter, dass der Strom fließt. Das Solarmodul produziert, die Steckdosen arbeiten, das Licht leuchtet und der Kühlschrank brummt. Der Kühlschrank brummt… Während ich darauf achte, merke ich das er gar nicht aufhört zu brummen. Eigentlich schaltet sich der Kompressor kurz ein, kühlt und dann ist wieder Pause. Jetzt aber hängt eine Eisschicht im Kühlschrank und der Kompressor läuft im Dauerbetrieb. Ist der jetzt kaputt? Eine Katastrophe! Aber genau das ist es, er arbeitet und zieht den ganzen Strom. Und dadurch, dass er nicht aus geht, greift auch der interne Schutz nicht, um die Batterie nicht zu entladen. Wir sind mittlerweile bei 11,4 Volt. Unter 11 Volt geht die Batterie kaputt und normalerweise waren wir in der Sonne bei 14,4 Volt. Ich denke direkt an Thermostat defekt und dass es nicht geht. Einen Tag grübeln und Kühlschrank manuell ein- und ausschalten später, sage ich, dass ich glaube das es wieder geht wenn wir fahren. Ich glaube nicht an einen defekt, innerlich hoffe ich sehnlichst das nichts ist. Es ist sicherlich auch dem Kühlschrank zu heiß und er erreicht kaum wieder ausgeschaltet direkt wieder die hohe Temperatur, die ihn wieder laufen lässt. Also weiter fahren!
Und tatsächlich kaum sind wir unterwegs und lüftet die Klima den Innenraum, da hört er auf. Helios hat unseren Kühlschrank bezwungen und wir können keine 24h stehen ohne Gefahr zu laufen, dass der Strom aus geht. Der produzierte Strom des Solarmoduls ist nicht genug, um gegen die Hitze im Auto anzukommen. Auch wenn alle Türen offen sind. Das Hitzeproblem wird zum Stromproblem. Also ist es beschlossen, wir müssen diese Irrfahrt beenden. Raus aus Griechenland wieder in kältere Zonen! Wir bleiben keine zwei Nächte an einem Ort und fahren weiter. Oh Götter, seid uns ein wenig hold.
Das Hindernis von Hephaistos
Wer denkt, dass sind doch bereits genug Scherereien, der sollte ab hier nicht mehr weiter lesen. Die Probleme bleiben uns treu, auch wenn sie uns nicht zur Umkehr bewegen können. Oder doch? Nach Skiathos fiel es uns auf. Direkt als wir das erste Mal wieder auf unserem Herd das nächste Essen pruzzeln wollten. Es kommt keine Feuer, nicht mal eine kleine Flamme. Hephaistos verlässt uns und mit ihm sein heißer Atem. Das Gas ist aus und somit funktioniert der Herd nicht. Eigentlich gar nicht möglich. Für 2 Monate müsste es reichen und wir haben es noch Ende Italiens aufgefüllt. Aber es ist leer. Nagut also wieder auffüllen lassen, denken wir uns. Es geht an die nächste Tankstelle mit Gas, an ein Laden mit Gaskartuschen und einen Baumarkt. Doch alle erklären uns, dass sie kein Gas auffüllen. Nur Tauschen ist möglich. Der Campingplatz in Athen, welcher uns nicht aufnehmen will, erklärt uns, dass es seit 2010 sogar verboten ist Flaschen zu füllen. Okay, wir tauschen auch gerne unsere Flasche. Aber so schwer es ist, jemanden zum Füllen zu finden, so schwer ist es eine Flasche in unserer Größe zu bekommen. In Griechenland gibt es das Maß nicht. Nur größere und die kleineren sind Einmalflaschen, die haben aber nicht den richtigen Aufsatz. Es scheint verhext zu sein. Wir irren rum, verdammt durch die Götter und gefangen in der Odysee. Hephaistos lässt uns nur unseren Campingkocher, den wir als Reserve mitgenommen haben. Jetzt unsere Rettung. Die Idee eine zweite Flasche zu holen, aufs Dach zu schnallen und jedesmal herunterzuholen, verwerfen wir deshalb. Lieber überbrücken bis wir wieder in Bulgarien sind.
Mittlerweile vertreiben uns Zeus, Hephaistos und Helios aus ihrem Hoheitsgebiet. Man muss sagen, dass es sehr anstrengend ist und wir unsere Probleme wieder auspacken. Wir streiten wieder, nicht so heftig aber häufiger. Das Wetter macht uns fertig, das rastlose Suchen nach Kühle und Gas kombiniert mit Schweiß und Pannen zieht an uns. Aber unsere abendlichen Routine hilft. Es tut gut zu sagen, was man zu sagen hat ohne das der andere unterbricht und kommentiert. Und so erwischt man sich selbst immer wieder wie man sagt, „ah entschuldige, das war jetzt wie du gesagt hast“. Es fällt ein weniger leichter, sich in den anderen hineinzuversetzen. Und so kann uns kein Gott dazwischen kommen, wenn wir auf der Suche nach ein wenig Abenteuer und Glück die Ferne suchen. Doch dann kommt der große Knall…
Fortunas Knall
Wir stehen auf einer Wiese bei griechischen Olivenhainen, welche nicht ganz so alt, mächtig und grün erscheinen, wie im Frühjahr in Italien. An einer alten Burgruine auf dem Weg Richtung Bulgarien. Das Meer ist ein wenig entfernt und nur von den Zinnen aus zu sehen. Aber es ist erneut nur ein Stellplatz für eine Nacht. Wir wollen direkt weiter. Es ist alles zusammengepackt und eingeladen. Lilou bereits sehr müde und die Voraussetzungen stimmen, um wieder ein wenig Strecke zu machen. Alles wirkte zu gut für diese Odysee und vielleicht hätte ich Fortunas Warnung ernst nehmen sollen. Bereits auf Skiathos hatte Sarah beim rückwärts fahren einen Masten erwischt und unseren Fahrradträger verbogen. Ich musste ihn neu befestigen und habe die verbogene Schiene gedreht. Alles halb so wild. Aber ich hätte daran denken sollen, als ich nun den Rückwärtsgang einlegte. In einer leichten Senke stehend, löse ich die Handbremse und geb Gas. Nicht viel, aber genug um die Erhöhung zu überwinden. Dabei nicht sehend den Strommasten im toten Winkel. Der Widerstand der Erhöhung kommt das Auto mit Kraft hoch und Knall!
Es barst, es splittert, Fortuna zerbricht und mit ihr die komplette Heckscheibe. Man hört das Klirren und Sarah und ich schauen uns erschrocken an und noch erschrockener nach hinten. Oh nein, wieder in den ersten Gang und vorwärts fahren, da sehe ich den Fahrradträger gemeinsam mit den Rädern nach hinten auf den Boden schlagen. Vollbremsung. Man muss dazu sagen, ich habe vor 12 Jahren meinen Führerschein gemacht und seit meine Mutter gestorben ist ein Auto. Aber einen Unfall habe ich noch nie gebaut. Nun ist Fortuna gegangen und hat einen großen Haufen Scherben hinterlassen. Sarah und ich steigen aus und laufen hinter. Der Fahrradträger liegt am Boden, hinter ihm der Mast umgeben von Glas. Der Blick geht auf die Scheibe oder besser auf die einzelnen wie Zähne aussehenden Reste, die noch übrig sind. Wie ein hässliches Grinsen mit offenen Mund starrt er uns an.
Am linken unteren Ende eine Delle. Man erkennt sofort, das ich den Mast getroffen, welcher den Fahrradträger an die Heckklappe gedrückt und die Scheibe zerspringen ließ. Und das in gefühlt eine Milliarde kleiner Teile. Nicht nur der Mast außen ist umgeben, im Inneren türmt sich auf der Küche, Sofa, Schrank, Decken und im jeder Ritze die kleinen blauen Scherben. Was für ein Saustall, was für ein Mist. Und wer denkt, ich wäre ruhig geblieben und hätte die Situation gut und erwachsen geregelt, der hat sich entschieden geirrt. Ich bin sauer, so richtig wütend. Auf mich, auf die Situation, auf den blöden Fahrradträger, der mich schon so oft genervt hat und darauf, daß diese Odysee kein Ende zu nehmen scheint. Ich breche völlig aus und fluche und werfe und trete den Strommast. So ein verdammter Sch****. Sarah ist ruhig, richtig cool. Sie sagt nichts und lässt mich toben, während sie anfängt Scherben zu sammeln. Lilou noch cooler, ist einfach eingeschlafen. So super und ich fluche weiter auf Fortuna. Aber ich helfe Sarah schneide mich an drei Fingern. Eine nervige Arbeit, immer wenn man einen Scherbenhaufen beseitigt hat, rieselt erneut etwas herunter, obwohl wir die ganze Scheibe rausbrechen. Es dauert bis alles draußen ist und wir die Scheibe mit Mülltüten, Plane und Panzertape zukleben. Die neue Scheibe ist Lichtundurchlässig und weniger zerbrechlich. Ich bin immer noch so am fluchen und ausrasten, dass wir uns noch nicht den Rest angesehen haben. Sarah schaut sogar nach Fähren zurück nach Italien, weil ich einfach keine Lust mehr habe. Was zu viel ist, ist zu viel. Es reicht, ich will ein richtiges Bett und einfach mal wissen, was am nächsten Tag ist. Einen langweiligen Alltag, an dem man am Wochenanfang weiß, was die ganze Woche passiert. Und nicht jeden Tag aufs neue ein Schlafplatz suchen. Ich muss mächtig einschüchtern sein, ein richtiger Titan, dass Sarah so konkret und ernst wird. Es tut mir auch schon in dem Moment leid, aber es geht gerade nicht anders. Nemesis ist in mich eingefahren und fährt ihr ganze Kraft und Zorn heraus. Dann geht mein Blick zu den Rädern. Mein Lenkradband ist aufgeplatzt, beide Sattel ziert ein Riss. Es könnte schlimmer sein und dennoch ärgere ich mich. Nein, ich wüte erneut los und erst recht als ich den Fahrradträger sehe. Er ist leicht verbogen und als wir ihn drauf machen, passt er nicht mehr. Keine Chance, wir schieben, wir drücken, wir ziehen und zerren. Aber er passt nicht mehr. Kaputt und Nemesis in mir verwandelt mich in einen ihrer schlimmsten Titanen. Ich werfe das Teil durch die Gegend. Ich schmeiße es auf den Boden, knalle es an den Mast, springe mehrmals darauf herum. Natürlich wird er so nicht besser, aber mir geht es besser. Mein Zorn kann raus. Aber den Fahrradträger interessiert es nicht und er bewegt sich nicht, biegt sich nicht und macht mich mit seiner Starrheit wütend. Sarah lässt mich, sie sagt nichts, sie räumt auf und versucht die Besonnene zu sein. Wenigstens einer von uns.
Sarah fängt ab die Fahrräder auf den Dachträger zu hieven und oben mit Gepäckband festzubinden. Das passt mir nicht und ich merke, ich brauche Zeit. Ich muss runter kommen. Auch wenn die Zeit davon gleitet und die Schlafenszeit von Lilou so kostbar ist. Ich muss runter kommen, Nemesis vertreiben. Sarah will reden und einen Plan schmieden. Aber ich bin nicht so weit und versuche klar zu machen, dass ich mich und meine ganzen Gedanken erst sortieren muss sie zählt die Optionen auf und ich will sie gerade nicht hören. Tief durchatmen. Lilou wacht auf, es sind bereits 1,5 h vergangen. Sarah geht zu ihr und ich zum Fahrradträger und setze mich hin. Fuss fassen, auf der Erde runter kommen und ich merke wie Gaia Nemesis vertreibt. Und mit ihr der Zorn. Ich schaue den Fahrradträger an und probiere die Delle auszubiegen. Keine Chance. Ich schaue nochmal ein wenig genauer und versuche genau zu verstehen wie der Träger funktioniert und eigentlich hält. Athene hat ein wenig Erbarmen und schenkt mir einen kurzen Funken Klarheit. Zwar kann ich ihn nicht zurück biegen, aber eine andere Stelle leuchtet auf und ich weiß genau was zu tun ist. Ein wenig wird gebogen und dann erneut mit Ruhe das Teil an die Heckklappe gehalten. Er steht und als ich schraube ist er fest. Ganz fest, kaum zu glauben. Er ist nicht kaputt, trotz Biegung und trotz meiner Sprung und Wuttirade. Durchatmen. Lilou lacht, Sarah freut sich und Nemesis ist verschwunden. So ein Mist, sage ich und grinse. Aber sowas gehört wohl dazu.
Sarah lacht mich ein wenig aus für mein Titan sein und ich muss selber zugeben, dass ich mich ganz schön lächerlich gemacht habe. Aber das gehört wohl auch dazu. Einmal verlaufen in diesem Irrgarten. Aber wir geben nicht auf, und stapfen raus aus dieser Odysee. Direkt der nächste Ort hat eine Carglass Werkstatt und wir bereits am nächsten Tag eine neue Scheibe. Alles gar nicht so wild und ich bin auch nicht mehr wild. Und als wir das Landesinnere erreichen und auf 960 Höhenmeter im Schatten sitzen, ist es nur noch 30 Grad warm. Der Kühlschrank hört auf zu brummen und die Batterienzeige bleibt konstant auf 100%. Am Abend brauchen wir sogar einen Pullover und unsere Decken.
Zum Glück brauchen wir keine 10 Jahre wie Odysseus. Und Götter seid Dank, sind wir keine 7 Jahre bei den Nymphen gefangen, müssen keine 8 Abenteuer überstehen und schöpfen an einem Platz mit Trinkwasser, Schatten, Bergen, Hängematte und Schaukel neue Kraft!
Super dass ihr das gemeistert habt, es ist ja immer einfach wenn alles gut geht…aber eine wirkliche Herausforderung wenn alles schief geht
Das „auf den Boden hinsetzen“ ist die beste Idee, so kommt man „runter“ 🙂
Oma Cearina wünscht euch jetzt Kraft und Gelassenheit für die Weiterfahrt.
Dankeschön mittlerweile haben wir Kühlere Regionen erreicht und das hebt bei allen die Laune, ermöglicht Schlaf und mit der neuen Scheibe sieht man auch wieder Licht am Ende des Labyrinths 🥳