Sardinien – Vorbei, Vorbei

Eine Insel, Dezember und wir wieder in Italien. Es ist der vorletzte Artikel, denn nicht nur der Blog geht zu Ende auch unsere Reise – Honeycomb die Tage sind gezählt.

Nach einem letzten feierlichen Handstand auf der Fähre, erwarten uns Hagel, Regen, Wind und viel grau in Sardinien. Deshalb ist es eine super tolle Überraschung für uns alle, das Sarahs Eltern und Schwester ein Hotelzimmer als Geburtstagsgeschenk organisiert haben. Und nicht nur irgendein Zimmer, sondern eine Suite. Ein Drittel des Raums füllt ein Jacuzzi, welcher von uns direkt gefüllt wird. Zwei Wasserhähne füllen ein lang gezogenes, Waschbeckenähnliches Becken. Ist dies an der Oberkante angekommen, schwappt es darüber über das in Stufeneingelassene Wasserfallsystem in das grosse Becken. Das Ganze kann mit farblichen LED-Licht untermalt werden. Ganz langsam und mit viel Geduld steigt so der Wasserpegel der Luxusbadewanne. Lilou will direkt hinein und ist bereits drin als das Wasser nur ihre Knöchel bedeckt. Sarah springt kurz danach rein und ich hole die Sachen aus dem Auto, bereite frische Kleidung vor und schalte die Heizung an. Schließlich ist Sarahs Geburtstag. Danach schalte ich Bluetooth an und lasse Happy Birthday aus den im Jacuzzi integrierten Lautsprechern posaunen. Man kann auch mit dem Kopf unter Wasser noch die Musik verstehen. Gleichzeitig ist die Wanne so gross, dass wir alle gemütlich Platz haben. Lilou läuft im Kreis, lässt Bälle und Enten schwimmen und den Wasserfall hinuntergleiten. Sie hat einen riesen Spass. Natürlich machen wir es nicht ganz voll, Lilou wäre unter Wasser. Aber nachdem wir spät echte italienische Pizza bestellt haben und Lilou nach einem Kampf im Bett einschläft, gönnen wir uns erneut ein heisses Bad. Mit Sekt wird angestossen und der Fernseher zu uns gedreht, zeigt Tennis. Purer Luxus. Nur das Blubbern schalten wir nicht ein. Es ist zu laut und lieber genießen was wir haben, anstatt mit Lilou nun die Müdigkeit zu bestreiten.

Zwei Nächte haben wir die Suite und wir sind dankbar dafür, aber auch froh, dass es nicht mehr ist. Lilou will jeden Abend gehen, sie ruft Baba und stürmt zur Türe. Deshalb gehen wir untertags kurz ins Auto. Einfach damit sie einmal hinein kann, die gewohnte Umgebung sieht und sich freut ihre Spielzeugschublade zu öffnen. Jedesmal kommt ein Teil mehr in das Hotelzimmer. Wir fahren auch mit dem Fahrrad durch Porto Torres, wenn die Sonne kurzzeitig scheint. Wir folgen mit den Rädern den kleinen Strassen Richtung Hafen. Hier sollen die Sehenswürdigkeiten sein. Wir fahren an einem alten Turm vorbei und auch sehenswerten Kirchen. Wir gehen nicht rein, machen keine Fotos und bleiben nicht stehen. Irgendwie packt es uns nicht. Lilou packt dafür die Lust auf einen Spielplatz. Und was für ein Spielplatz hier ist. Man fühlt sich direkt auf einer Messe für Spielplatzzubehör. Im Park reihen sich neun Schaukeln, acht Rutschen in unterschiedlichen Variationen und die Verfärbungen zeigen das unterschiedliche Alter an. Es gibt zahlreiche Treppen, Wackelfiguren, Wippen, Karusselle und anderes Kletterzeug, welches jedes einzeln von Lilou begutachtet und getestet wird. Es ist ein hin und her Gerenne und anschließend ein schweres Lösen. Doch natürlich regnet es danach wieder. Wir bekommen davon wenig mit, sind wir im Zimmer, Fenster und Vorhänge zu und das Geschehen draußen verwindet. Das fällt uns besonders stark auf. Wir haben einfach die ganze Zeit mit dem Wetter gelebt. Wir waren absolut abhängig und es kümmert einen. Man sieht, spürt und erlebt es ganz anders als in einer Wohnung, ganz anders als in einem gewöhnlichen Alltag. Es fühlt sich fast abgeschnitten an, so hinter Mauern, Türen in einem Raum zu sein. Auch deshalb können wir leicht auf Wiedersehen sagen, von so einem Luxus. Naja, kurz habe ich schon überlegt, ob wir den Jacuzzi noch irgendwo Platz haben…

Von Porto Torres geht es der Küste entlang Richtung Süden. Die Wetteraussichten sind weiterhin wechselhaft und mit maximal 13 Grad vorhergesehen. Aber auf Wetterbericht verlassen, haben wir jetzt gemerkt, heisst verlassen zu sein. Es stimmt selten und man muss es einfach erleben. Leider hat er diesmal Recht. Es regnet, es ist kalt und windig. Aber wir tatsächlich sehr sehr froh nach einer Woche wieder zurück im Auto zu sein. Erst Barcelona, dann die Fähre und zum Schluss die Suite, wir haben unser Zuhause schon vermisst. Deshalb macht uns der Regen nichts aus und der Wind stört uns nicht. Wir fahren nicht weit, bleiben auf einem Parkplatz stehen und kuscheln uns nach hinten. Wir sind den ganzen Nachmittag im Auto, liegen auf dem Bett, spielen zusammen, hören Musik und verbringen einen wunderschönen Wintertag direkt am Meer, aber irgendwie halt ohne Meer. Wir merken alle das uns das irgendwie richtig gut tut. Ich merke ganz deutlich, dass mir Spanien einfach wirklich nicht gefallen hat. Wir waren geduldet, nicht willkommen und das spürt man. Jetzt fühlt es sich an, als wäre diese unsichtbare Einschränkung weg. Man ist wieder frei und leicht. Ein bisschen Albanien in Italien. Diese Freiheit macht mir Freude und uns allen dreien die Lust auf diese Reise. Es hat sich nämlich nicht ausgepustet.

Wir brauchen den Bus und der Bus braucht uns. Honeycomb geht in die letzte Phase zusammen und gemeinsam, aber jetzt mit Weihnachtsschmuck. Es gibt einen geschmückten Baum im Fahrraum, welcher aus unserem letzten Türchen des Reisekalenders stammt. Danke nochmal dafür – Lene und Philipp! Es hat so viel Spass gemacht. Aber leider ist er nun zu Ende. Zum Schmuck gibt es noch Lichterketten mit Rentieren, Weihnachtsmänner und Schneeflocken, sowie die einzelnen Türchen von Lilous Adventskalenders. Jeden Tag darf sie eins auf machen und sie versteht es recht schnell. Gleich morgens springt sie als erstes auf und reist das Päckchen hinunter. Dabei ruft sie mooheen, weil wir immer sagen, dass sie Morgen das nächste Türchen öffnen darf. Danach kuscheln, frühstücken und ein kurzer Spaziergang. Lilou rennt stolz mit ihren Gummistiefeln der Küste entgegen. Oma ruft sie und zeigt auf die gelben Stiefel, welche sie tatsächlich von der Oma hat. Ganz begeistert ist sie, bis sie in der Pfütze tief im Schlamm stecken bleibt. Kurz Panik und hinter her will sie durch keine Pfütze mehr durch. Als dann auch nochmal ein Hagelregen auf uns hinabfällt und ein Korn sie direkt an der Stirn trifft, ist die Stimmung ganz weit unten. Also schnell ins Auto, Gas geben und ab die Post. Wir fahren weiter.

Ab in den Süden, doch leider nicht der Sonne hinterher. Eher der Versuch den grauen Wolken zu entkommen. Die Fahrt und der starke Wind schaffen dies auch tatsächlich. Die Sonne kämpft sich hervor und wir können erneut den Ausflug wagen. Anderer Platz und erneut entdecken. Aber sobald eine Schaukel der geschlossenen Strandbar in Sicht kommt, gibt es kein Weiter mehr. Es wird schwingend abgehangen und Sarah und ich blicken in die Ferne. Im Wasser sind Wellen und tatsächlich noch wenige Surfer beim Versuch dem unbeständigen Wetter zu trotzen. Wir verfolgen den weissen Schaum auf der Wasseroberfläche und die Weite, die uns umgibt. Man wird wehmütig, demütig und auch ein wenig traurig. Die Tage sind gezählt, das Wissen wir. Vor allem da wir an diesem Morgen den Abschluss beschlossen haben. Seit längerem überlegen wir schon hin und her und legen uns nicht fest. Ganz am Anfang wollten wir um den 20ten Dezember zu Hause sein, doch irgendwann haben wir gesagt, dass das Wetter in Sardinien entscheidet, ob wir direkt von Spanien Ende November, Anfang Dezember oder dann Mitte Dezember fahren. Wir sind nach Sardinien gefahren, trotz schlechter Aussichten. Eigentlich auch mit der Idee für eine Woche in ein Hostel, Hotel, AirBnB oder so zu gehen. Dem Regen entfliehen. Aber die Tatsache, dass fast alles aufgrund der Wintersaison zu hat und wir nach der Woche außerhalb des Busses nicht erneut in eine unbekannte Räumlichkeit wollen, lässt uns diesen Plan stillschweigend verwerfen. Wir wollen nicht mehr raus aus dem Bus, wir wollen die Reise nochmal in ihren letzten Zügen im Original erleben. Alles ein letztes Mal aufnehmen, auch wenn wir bereits so voll von Erlebnissen, Eindrücken und Abenteuern sind. Wir sind in Sardinien angekommen, um uns die Insel anzusehen. Doch als wir ankamen, merkten wir, wir wollten nur Platz und Freiheit für uns und mit dem Bus für die Reise. Wir wollen nichts mehr ansehen, wollen nichts entdecken. Wir wollen die Strassen spüren, die Landschaft vorbei gleiten sehen und aufnehmen, was das Wetter noch zu lässt. Aber dafür brauchen wir keine zwei Wochen, dafür brauchen wir nicht die ganze Insel. Also sind wir uns ganz plötzlich und ohne viel Worte einig. Wir fahren zurück. Zurück nach Südtirol.

Wir freuen uns tatsächlich schon darauf, reden über die Zukunft, über das Leben danach und natürlich die nächsten Projekte. Nächstes Wochenende legen wir fest. Also noch diese Woche, nicht mehr ganz sieben Tage, dann geht es zurück. Der Entschluss macht uns glücklich und mit jedem letzten Mal auch traurig. Ein letztes Mal das Wasser auffüllen, die Sachen packen, einen Platz entdecken, das Meeresrauschen in der Nacht….

Wir werden zwischen dem kalten Wind und Regenschauern mit Sonne, wunderschönen Stränden, einer abwechlsungsreichen Landschaft und klaren Sternenhimmel beschenkt. Hier wo die Lichtüberflutung der Städte kleiner ist, treten die Sterne besonders hervor und ich kann noch ein letztes Mal ein paar Nachtfotos schiessen. Dabei verkühle ich mich zwar fast, aber ich denke die Bilder sind es wert. Wir fahren bis nach Borsa und biegen dann ab, um die Insel zu kreuzen und auf der anderen Küstenseite erneut in den Norden zu fahren. In Olbia fährt die Fähre ab. Im Regen sieht das Innere von Sardinien fast schon nach Irland aus. Die grünen Felder für Schafe und Kühe sind Flächen, welche mühsam von losen Steinen befreit wurden. Diese finden sich als Mauern gestapelt als Begrenzung der einzelnen Flächen. Es ist wirklich sehr irrisch und ich grübel manchmal nach, ob wir vielleicht doch die falsche Fähre von Barcelona genommen haben. Die vorletzte Nacht bleiben wir im Landesinneren an einem Spielplatz und Park stehen. Wirklich etwas ansehen können wir uns nicht, es ist zu kalt. Dann geht uns das Töpfchen von Lilou kaputt und wir müssen schnell ein neues besorgen. Nicht umsonst ist sie gerade windelfrei geworden. Außerdem benötigen wir Internet. Der Empfang ist grauenhaft hier, aber wir wollen die Fähre buchen. Also geht es als Ausflug nochmal in das nächste Dorf und in einem Chinaladen einen neuen Topf holen. Ausserdem mit einer Edge-Verbindung in 40 Minuten die Fähre buchen. Es ist grauenhaft langsam und ich bin kurz davor mein Handy weg zu werden. Doch es klappt, unser Beschluss ist damit besiegelt und wir fahren zurück an den letzten Platz ohne Meer. Jeden Abend sprechen wir über das Vergangene, reden über die vielen Geschichten und genießen das Gefühl von freudiger Traurigkeit.

Dann erreichen wir die Küste und die andere Seite Sardiniens. Es ist nochmal ein Platz am Meer, ich hatte mir das so gewünscht. Es ist herrlich hier. Keine Menschenseele, wir ganz alleine. Es tut so gut, nach all dem Trubel in Spanien, welches so überfüllt gewesen ist. Ich merke erst jetzt, wie nervig ich das fand. Der Strand ist ein Sandstrand, welcher von einem Fluss unterbrochen wird, der ins Meer fliesst. Auf beiden Seiten wächst der Felsen zu einer Küste hervor und wir sind uns sicher, dass es im Sommer super voll ist. Traumhaft hier, auch wenn wir wieder nur im Auto sein können. Ich genieße das Meeresrauschen und freue mich, dass am Abend der Wind die Wolken vertrieben hat. Es gibt einen fantastischen Sternenhimmel und Sarah und ich wünschen uns, dass es jetzt hier einfach aufhört. So wünscht man sich das Ende einer solchen Reise. Einfach inmitten der Sterne, mit vielen wunderbaren Gedanken.

Doch leider ist es nicht ganz so, wir müssen die zahlreichen Kilometer nach Südtirol noch meistern. Also stehen wir auf und packen zusammen. Das Wetter ist stabil und Lilou und spielen nochmal ausgiebig am Strand. Viele große und kleine Baumstämme werden als Dinosaurierknochen aus dem Sand gegraben. Wir laufen vor den Wellen weg und bauen Sandtürme mit Türmchen oben drauf. Irgendwann ist sie ganz klar und geht zurück zum Auto. Sie hat den richtigen Zeitpunkt für sich gefunden. Sarah und ich allerdings müssen uns erst nochmal entkleiden und ins Wasser stürmen. Ein letztes Mal Meer und damit die Saison am 10ten Dezember beenden, welche wir am 4ten April gestartet haben. Auf Wiedersehen Meer.

Dann geht es nach Olbia, welches wir uns wegen dem Regen nicht anschauen. Wir verbringen die Zeit im Einkaufscenter und ich kaufe mir tatsächlich ein Hemd im Ausverkauf. Ein Hemd… völlig ungeeignet für das Outdoorleben. Aber es geht wohl bald zurück in die Arbeitswelt. Anschließend gibt es immer noch Zeit und so geht es weiter in den Park von Olbia. Wir wollen das Lilou noch einmal schläft, aber sie will es nicht. Das wird ein langer Abend bis zur Fähre und die hat mal wieder Verspätung. Ab 20 Uhr warten wir im Hafen. Um 22 Uhr schläft Lilou im Autositz ein und um 23 Uhr können wir hinein fahren. Wir duschen und schlafen sofort ein. Wir kommen nicht wie geplant um halb acht in der früh an, sondern erst gegen halb elf. Wir sind alle sehr genervt, alle gerädert von der Überfahrt und ich bin mir sicher, so schnell fahre ich keine Fähre mehr. 40 Minuten können wir mit Lilou fahren, dann ist sie zu quengelig. Wir halten an und gönnen uns ein ausgiebiges Frühstück alias Mittagessen. Noch mehr als drei Stunden Fahrt sind es von Livorno nach Südtirol. Deshalb geht es direkt weiter und nach einer halben Stunde schläft Lilou ein. Sie schläft und schläft und schläft. Länger als je zuvor für einen Mittagsschlaf. Als würde sie merken, dass es erstmal der letzte Mittagsschlaf im Auto ist. Auch sie verabschiedet sich und wir verabschieden uns mit jedem Kilometer. Sarah bekommt Hummeln in den Hintern und ihr Mund verzieht sich sichtbar nach oben mit sinkender Fahrzeit. Wir werden alle aufgeregt und freudig. Ganz glauben können wir es nicht. Aber wir erreichen die Berge, wir erreichen Südtirol und kaum sehen wir die Ausfahrt wacht Lilou auf. Gleich siehst du deine Cousine und Cousin und ab da gibt es auch bei ihr kein Halten mehr. Der Empfang ist riesig, unsere Überforderung gross und am Abend einschlafen können wir alle nicht. Zu viel Hummeln im Hintern, zu viel Honeycomb erlebt. Danke für diese Reise, danke für das Begleiten, danke fürs Lesen und für die Zusprüche. Und ein ganz großer Dank an euch – Sarah und Lilou – danke, dass ihr mich mitgenommen habt.

Das Ende


P.S. Teaser: In wenigen Tagen wird es zum endgültigen Abschluss das große Fazit mit Zahlen, Fakten, Abschlussinterview und einer kleinen Überraschung geben.

2 Kommentare zu „Sardinien – Vorbei, Vorbei“

  1. Vielen Dank für das Teilen eurer Reise. Ich habe mich immer gefreut, wenn ich einen neuen Eintrag entdeckt habe.
    Ich wünsche euch dreien frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr in Südtirol.

    Viele Grüße von Jana (die eine Freundin von Lene ist und so den Blog entdeckt hat 🙂 )

    1. Hallo Jana, danke fürs Lesen und Begleiten. Bei solchen Worten macht es Spaß zu Schreiben und merkt man, dass es sich gelohnt hat. Wir wünschen dir auch frohe Weihnachtstage und einen abenteuerlichen Start ins neue Jahr. Viele Grüße von uns.

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