Alles auf Anfang

Streckenrekord und Lagerfeuer mit Freunden, dazu ein paar Macken, Splitter und ein Leck. Corona als stechendes Thema und was Johnson damit zu tun hat. Ein stetes Auf- und Ab und wir beginnen von Neuem in Teil 2 dieser Reise. Westeuropa wir kommen!

So wie Österreich aufgehört und Deutschland angefangen hat, machen wir weiter. In München besuchen wir Familie und schlafen bei Freunden in der Einfahrt. Aus dem Bus wollen wir schon gar nicht mehr hinaus, viel zu viel Arbeit. Es ist fein, alles dabei zu haben und so verlassen wir auch bei Möglichkeit immer weniger die vier Blechwände. Nachdem wir München verlassen haben, fahren wir mit höherem Tempo auf der Autobahn. Der Herbst rückt näher und man spürt die Kälte am Abend und Nacht stetig steigen. Es geht ein wenig Richtung Nord-Westen. Als ein Treffen mit meinen Großeltern aber platzt, tauchen wir in den Schwarzwald ein. Wir wollen nicht zu weit in den Norden und auch nicht viel Zeit in Deutschland verbringen. Dabei haben wir einiges vor und noch ein wenig zu tun. Seit Budapest und damit Ungarn, haben wir ein Leck. Die Dusche ist undicht und tropft. Ganz gemütlich und konstant fließt das Wasser aus ihr heraus, so dass wir nach anstrengenden Auffüllen am nächsten Tag kaum noch Duschen können. Noch dazu ist der ganze hintere Teil des Dachträgers nass. In Budapest stört es uns noch nicht, wir sitzen auf einer Wasserquelle, also wird aufgefüllt, kurz gewartet und dann geduscht. In Österreich duschen wir bei Bekannten und Familie, in Deutschland erst bei Freunden. Aber nun nach München haben wir erstmal keine Duschadresse mehr. Also ist das Leck ein Problem und wir müssen in den Baumarkt für ein paar Ersatzteile. Das einzige Problem dabei ist, der fehlende Bohrer und Lochsäge, um in dem Deckel ein neues Loch zu bekommen. Zum Glück sind wir mit Freunden und meinem Bruder im Schwarzwald verabredet. Sie kommen mit ihren Bussen, um uns nun nach über einem halben Jahr wiederzusehen. Wir fahren gemütlich aber stetig durch verregnete und bewölkten Tage dem Wochenende entgegen.

Weil wir nicht arbeiten, sind wir die ersten am vereinbarten Treffpunkt. Auf einem Platz, der eigentlich die erweiterte Einfahrt eines Hofes ist. Die Eigentümer laden Camper gerne ein und lassen sie für einen kleinen Obolus hier übernachten. Dazu gibt es Platz zum Essen, eine unsicht-Bar und Feuerschallen plus Holz für einen gemütlichen Abend. Die unsicht-Bar besteht aus zwei tiefen Löchern, welche mit einem hohlen Baumstamm ausgekleidet sind. Die Löcher sind mit schweren Holzdeckeln verschlossen, welche über Flaschenzüge nach oben gezogen werden können. Dabei kommt ein kühler Korb mit verschiedenen Getränken zum Vorschein und bietet Wanderern und Gästen eine Abkühlung. Wir fangen an Essen vorzubereiten und Lilou und ich stellen das Zelt für Onkel Andreas auf. Als wir fertig sind, kommen sie endlich und die Freude ist groß alle wiederzusehen. Es gibt viel zu erzählen, noch mehr zu berichten und am meisten einfach einander zu genießen. Andreas geht direkt mit Lilou auf den Spielplatz, welcher von den Hofbesitzern gebaut wurde. Die ganze Familie ist dem Holz verbunden und so stehen hier gigantische Schaukeln mit 6 Meter Seillänge, ein Spaß auch für die Erwachsene und ein großes Baumhaus. Über eine kleine Brücke muss der Wasserspielatz überquert und dann über Klettergriffe und Äste das hohe Haus erklommen werden. Das Haus beherbergt einen Tisch und feste Bänke, dazu ein Spielteeservice und einige Fenster mit Läden. Diese werden von Lilou liebend gerne geöffnet und wieder verschlossen. Das einzige nicht hölzerne ist das Trampolin, welches von Lilou gern benutzt wird. Auch da sie nun angefangen hat beim Laufen immer wieder in die Luft zu hüpfen. Es klappt nicht immer mit beiden Füßen, aber Übung macht den Meister. Wir genießen die gemeinsame Zeit und Lilou hat so viel Freude mit so viel Leuten, dass sie bis über die Schlafenszeit hinaus beste Laune hat.

Der Abend wird gemütlich und redselig. Feuer, gutes Essen und noch feinere Gesellschaft. Man könnte fast wehmütig werden und das ganze Projekt als abgeschlossen betrachten. Es wäre ein guter Abschluss und ein schönes Willkommen, würde da nicht noch etwas auf uns warten, wäre unser Entdeckergeist noch nicht gestillt und sind wir des Reisens noch nicht müde. Auch wenn der Schuh mal drückt, das Glück ist dennoch auf unserer Seite. So auch am nächsten Tag, als der hölzerne Deckel unseres Waschbeckens bricht. Ist das Auto doch fast nur mit Karton ausgebaut (die schlimmste Macke bisher haben wir vom Bierkasten dieser Tage und ansonsten ist alles ganz, was uns selbst ehrlich gesagt erstaunt), geht tatsächlich das Holz kaputt und bricht in zwei. Eine Ironie für sich und dennoch haben wir Glück, sind wir schließlich gerade bei den Holzbauern schlecht hin. Wir fragen nach Holzleim und bekommen stattdessen das Teil abgenommen. Es wird fachmännisch repariert und mit einer dafür gebauten Befestigung eingespannt. 24 h trocken lassen! Nach mehr als 30 h ist der Deckel wieder fest und einsatzbereit als Abdeckung, Schneidebrett, Pizzateller und Ablage. Während er trocknet, sind wir alle satt vom Frühstück und wir gehen zum See spazieren. Eine feine gemütliche kleine Runde und Zeit für Zeit. Anschließend bauen wir in der Sonne unsere Tische auf und verzerren die Reste vom Vorabend. Daneben gehen Sarah und ich nach nun fünf Tagen und damit die längste ungeduschte Zeit mit eiskalten Wasser aus dem Trinkwasserbehälter duschen. Zwar haben wir nun ein Loch im Deckel, Dank der Freunde, die Bohrmaschine und Lochsäge mitgebracht haben. Allerdings ist es zu groß und brauchen wir nun noch ein paar Teile vom Baumarkt. Aber der Drang für eine Dusche ist zu groß und so stürzen wir uns ins Kalte. Danach wird zusammengepackt und wir fahren gemeinsam weiter Richtung Süden. Ein anderer Ort, ein neuer See und wir bauen wieder das Zelt auf und schlafen nach einem feinen Mondreichen Abend.

Am nächsten Tag ist Abschied angesagt und wir bemerken, dass es nun wirklich weiter geht und nicht zurück in ein Zuhause. Der Bus ist wirklich ein Zuhause geworden und wird nun erstmal ordentlich aufgeräumt. Auch deshalb starten wir erst nach den anderen. Dabei merken wir, dass wir noch gar nicht so genau wissen, wo es nun eigentlich hingehen soll. Also klar Richtung Spanien und in den wärmeren Süden, aber die Wege dorthin sind zahlreich und wir haben uns so auf das Treffen gefreut, dass wir uns gar keine Gedanken gemacht haben. Auch deshalb beschließen wir, noch eine Nacht in Deutschland zu bleiben und am Abend Pläne zu schmieden. Erstmal runter in den Süden von Deutschland, den von dort geht es in alle Richtungen. Und genauso spontan und kurzfristig wie dieses Vorgehen, treffen wir die Entscheidung nun doch ein Impfzentrum aufzusuchen und uns impfen zu lassen. Ich bin kein Impfgegner und auch kein Impffreund. Als wir gestartet sind, gab es in Deutschland die Priorisierung und somit keinen Impfstoff für uns. Die Frage stellte sich somit nicht. Die ganze Reise lief problemlos ohne und auch glauben wir das die Einschränkungen im Westen für uns nicht erheblich sind. Wir gehen nicht irgendwo hinein, also greift die Impfpflicht nicht so richtig. Aber irgendwie fühlt man sich verantwortlich. Langsam auch verpflichtet. Dazu hat Italien nun beschlossen, dass ab Oktober nur noch geimpfte oder getestete Personen arbeiten dürfen. Das bedeutet spätestens wenn wir dort sind, wird die Impfung erfolgen. Das Problem ist nur die Dauer, wir sind in keinem Land so lange als das wir zwei Impfungen bekommen können und dazwischen mindestens 14 Tage warten. Der Ausweg scheint der Johson-Impfstoff zu sein. Diesen braucht man nur einmal verabreicht zu bekommen und damit ist es erledigt. Ich schaue nach und sehe, das noch eine Stunde ein Impfzentrum in unserer Reichweite mit diesem Impfstoff offen ist und wir fahren los. Wir kommen an der Halle an und können ohne Warteschlange die Registrierung passieren. Anschließend geht es direkt zum Arzt, der uns aufklären und impfen soll. Wir haben uns nicht viel informiert, eigentlich auch erst an diesem Morgen entschieden, dass zu machen. Also sind wir nicht vorbereitet und als der Arzt von den hohen und wahrscheinlichen Nebenwirkungen von Johson erzählt, entscheiden wir uns um. Das Risiko ist zu hoch, um auf der Intensivstation zu enden. Meine Tage im Krankenhaus habe ich verbracht, ich gehe dort nicht mehr hin. Er rät uns für unser Alter den Impfstoff von Bionetch und wir willigen ein. Wir wissen nicht, ob wir eine zweite Impfung in Spanien ohne Probleme erhalten, aber wir vertrauen darauf. Die Spritze kommt in den Arm und wir dürfen gehen. Nun geimpft.

Der Arm fühlt sich an, als hätte uns jemand dagegen geschlagen. Später tut es weh, wenn man ihn hebt. Sarah geht es ansonsten gut, aber ich bekomme Kopfschmerzen, fühle mich matschig, k.o. und am Abend krank. Die Nacht wird unruhig und es fühlt sich an, als hätte ich nun eine Grippe bekommen. Es regnet und das feuchte, kalte Wetter mit schlammreichen Parkplatz spiegelt mein Gemütszustand wider. Doch im den Morgenstunden ist alles vorbei und ich fühle mich außer dem fehlenden Schlaf wieder richtig fit. Also starten wir weiter der Französischen Grenze entgegen.

Österreich und Deutschland waren wieder teure Länder, was daran liegt, das die Preise im Verhältnis zum Osten Europas deutlich steigen, aber auch weil wir mehr mit Freunden unternehmen. Wir gehen etwas trinken, laden zum Essen ein und so zeigt sich das Spendable auch im Geldbeutel. In Deutschland sind wir bei 53,44 € pro Tag und in Österreich steigt es auf 53,87 €. Nur in Griechenland war es mehr und so haben wir die aktuellen Top 3 Länder. Insgesamt liegen wir bei 36,50 € pro Tag. Für das Essen sind es pro Tag 35,86 € (Österreich) und 26,08 € (Deutschland). Neben dem Geld sind es auch die Kilometer, die steigen. Wir wechseln wieder auf die Autobahn und machen Strecke. 525 km also 75 km pro Tag in Österreich und 906 km sprich 113 km pro Tag in Deutschland. Mehr als in jedem anderen Land. Wir wollen durch kommen und sind nicht so sehr interessiert an Sightseeing oder Verweilen. Einmal weil es Gegenden sind, die wir kennen oder die wir wohl die nächsten Jahre in Urlauben auch erkunden können. Und dazu hängen uns der kommende Herbst und die spürbaren kälteren Temperaturen im Nacken. Wir müssen weiterziehen und die wärmeren Zonen erreichen, bevor das Reisen erneut zu einer Polarexpedition wird. Auch deshalb sind wir in Österreich nur 7 und in Deutschland 8 Tage. Frankreich wird wohl auch eher kürzer, um dann ausgiebiger Spanien zu entdecken…

Vor dem Impfen an einem Sonntag fahren wir an zahlreichen kostenlosen Corona-Teststationen vorbei. Deshalb sind wir uns sicher, dass wir uns vor der Grenze noch einmal testen können. Auch weil das offiziell von Frankreich gefordert wird, wie man liest. Doch waren es an einem Tag mehr als 5 Stationen, finden wie nun gar keine und sind an der Grenze ohne Test. Aber zum Glück auch ohne Kontrolle. In Deutschland standen sie noch Albimäßig einige Kilometer hinter der Grenze. Hier ist niemand und wir in Frankreich! Wir freuen uns auf das nun neunte Land dieser Reise. Der erste Platz ist nicht weit hinter der Grenze, wir wollen es wegen der Impfung nicht übertreiben und bleiben an einem Storchengehege stehen. Drei Störche leben hier und werden über einen Zaun vor den Menschen geschützt. Daneben ist eine Kuhweide und Lilou spaziert zu allen Tieren, in der Hoffnung sie streicheln zu können. Es ist ein ruhiger Start in das neue Land mit erneuten undeutschen Schildern und Menschen. Aber noch im Elsass, so dass einige ein wenig deutsch sprechen. So wird die Stille nur am Abend unterbrochen, als Lilou schlafen geht und ich noch draußen sitze. Ein Mann kommt auf uns zu und hat Interesse an der außergewöhnlichen Erscheinung des Busses. Er fragt in gebrochenen Deutsch nach der Reise, um dann schnell zu seinem eigentlichen Thema Corona zu kommen. Ich merke sehr schnell, dass ich es hier mit einem französischen Querdenker zu tun habe, der mich für die Impfung verflucht und mich als blöd bezeichnet, da ich trotz Internet nicht die Wahrheit über die nicht vorhandene Pandemie herausgefunden habe. Alles eine Lüge und ich fühle mich zunehmend bestärkt die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Eine rationale logische Diskussion ist nicht möglich. Also schweige ich und irgendwann geht er fluchend weiter. Ob Corona diese Reise beeinflusst? Ja, sicher! Ob sie uns einschränkt? Eigentlich nicht, manchmal beeinflusst sie Entscheidungen und Verläufe. Ich würde die Reise genauso noch einmal starten, wenn ich erneut in der Situation wäre.

Die Nacht ist kalt und wir fahren weiter, ins Landesinnere und entschleunigen. Wir nehmen erneut nur die Landstraße, meiden Autobahnen und genießen die Fahrt und atemberaubende Landschaft. Grüne Weiden mit zahlreichen braun weißen Kühen, leichte Hügel und schöne Wälder ziehen an uns vorbei. Dazu kleine Dörfer und alte geschichtsreiche Städte, die an Bauten in Budapest und Wien erinnern. Es gefällt mir außerordentlich gut und wenn wir die Kälte nicht spüren würden, wäre ich gerne länger hier. Aber auch wenn es tagsüber in der Sonne sommerlich warm ist, merken wir die Nächte. Ich schlafe wieder mit Mütze. Man merkt den Neuanfang, obwohl die Reise gar nicht unterbrochen wurde, ist es nun ein echter Wechsel. Menschlich, Landschaftlich und auch von den Erwartungen. Ob wir uns gedacht haben, dass wir es so lange schaffen? Nein, ehrlich gesagt nicht, aber wir sind stolz darauf und sind uns sicher, daß es bis zum Ende klappen kann. Dennoch machen wir mal klar Schiff und lassen das bisherige los. An einem großen Supermarkt gibt es eine offene Waschmaschine – wie sehr viele in Frankreich. Eine tolle Idee, so braucht man keinen Waschsalon und kann waschen während man einkauft. Unsere Sachen werden gewaschen und das Auto waschen wir gleich mit. Der ganze Dreck aus dem letzten Steckenbleiben und sonst kommen runter. Anschließend landen wir in einem legendengleichen Ort inmitten geologischer Naturspektakel. Ein Gebiet mitten im Karstgestein, in dass sich bereits vor Jahrhunderten das Wasser durch gefressen hat. Mossbewachsene andersartige Gebilde beweisen den mächtigen Vorgang der langsamen Zersetzung. Gleichzeitig tauchen immer wieder Spalten und Höhlen auf. Ein Lehrpfad führt an den einzigartigen Erscheinungen entlang, und beschreibt das Höhlenreiche Gebiet, welches auch unter der Erde erkundet werden kann. Wir bleiben oben, klettern und entdecken und schauen nur in die kleineren Tunnel und Höhlen, welche den Fledermäuse als Behausung dienen. Lilou spielt so sehr, dass wir sie kaum zum Auto zurück bekommen, obwohl die Sonne langsam untergeht. Man kann es verstehen, die Magie ist deutlich zu spüren. Eine Magie, die uns umgibt und erfasst. Es gibt so viel zu entdecken, so viel zu erleben und immer wieder ist es neu, anders. Europa ist keinesfalls langweilig und wir umso freudiger auf den zweiten Teil von Honeycomb! Westeuropa wir kommen!

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