Eigentlich bin ich die Hauptdarstellerin dieser Reise und jetzt erzähle ich euch mal, was wirklich und wahrhaftig hier passiert.
Es ist zwischen 6 und 8 Uhr, da werde ich wach. Meine Eltern schlafen immer noch. Ich bin immer die Erste. Beide schaue ich an und die Augen sind fest zu, also suche ich mir einen aus und krabbel auf den Bauch. Wenn mir Papa oder Mama schnell genug einen Schnuller geben, dann bleibe ich noch liegen und kuschel mit ganz viel Hautkontakt. Wenn nicht, oder nach dem Kuscheln, merke ich es von meinen Beinen ausgehend zuerst. Es kribbelt und steigt über meine Po in den Bauch zu meinen Armen. Bewegung ist angesagt, wer nicht mitmacht auf den wird rumgehopst. Es regt sich langsam und endlich wird der Vorgang hochgemacht und die Türe geöffnet. Ich will raus! Doch vorher wird mir dieses blöde Ding um meinen Hintern entfernt. Ich fliehe! Aber es packt mich immer wieder eine Hand. Ich strecke die Füsse hoch und Frage was das soll. Keiner versteht mich.
Dann endlich habe ich die Schuhe an und ich bin draußen. Hallo Welt! Ich schnappe mir die erste Hand, egal ob Papa oder Mama und marschiere los. Es gibt zu viel zu entdecken und wir haben bereits viel zu viel verpasst, diese Langschläfer! Wenn mir die Richtung nicht passt, dann ziehe ich kräftig am Finger. Eine Hand brauche ich für mich, schließlich muss ich die Steine hier umsortieren, Stöcke aus dem Weg räumen, Müll einsammeln, Grashalme zum Kille-Kille Machen tragen oder den Leuten winken. Es gibt viel zu tun. Oft ruft dann Mama oder Papa und zeigt auf etwas. Wenn es toll ist, dann ist es ein Vogel, Hund, Katze, Eidechse, Schmetterling, Elefant oder anderes Tier. Wenn nicht, dann höre ich einfach nicht hin.
Tiere finde ich super, ich renne zu Ihnen hin und versuche ihre Geräusche nachzumachen. Wenn sie auf mich zurennen, dann bekomme ich doch ein wenig Angst und verstecke mich an den Beinen meiner Eltern oder versuche schnell von Ihnen hochgenommen zu werden. Aber ich habe schon Pferde, Kühe, Katzen, Hunde und Schafe gestreichelt. Hunde haben nasse Zungen, das fühlt sich lustig auf der Hand an. So, nun habe ich Hunger, also mache ich das den beiden anderen mal klar. Dennoch dauert es eine gefühlte Ewigkeit bis ich in meinen Stuhl darf. Und dann nochmal bis ich endlich ein Brot, Joghurt, Pancake oder Obst bekomme. Wenn es was anderes ist, will ich es nicht. Obst im Joghurt ist schon doof. Aber Marmeladenbrot ist super. Leider sind die beiden immer so langsam bis ich das nächste Stück bekomme. Kaum fertig, muss ich auch schon wieder warten. Die anderen Beiden wollen auch noch essen. Frechheit, also versuche ich aus dem Stuhl zu klettern und mecker bis ich raus darf.
Jetzt ist Spielen angesagt. Entweder mit Papa ans Meer und von den Wellen weglaufen, im Sand Türme zerstören oder mit Mama Yoga oder Akrobatik machen. Oft darf ich auch ins Auto vorne und lenke, verstelle alle Amaturen und warte bis es endlich losgeht. Manchmal kann ich es nicht erwarten, dann klettere ich in meinen Autositz und gebe den anderen mit meinen Füßen Klopfzeichen. Aber die brauchen immer so lange, um die Wohnung aufzuräumen. Aufregend wird es, wenn die Fahrräder hinten drauf sind und die Türen geschlossen werden. Meistens sitzt Mama links von mir und Papa rechts. Oder auch andersrum, hauptsache beide sind da. Die Wohnung brummt und der Bildschirm vor mir blinkt. Ich kann es kaum erwarten. Noch bevor die anderen reagieren können, wippe ich los. Der Groove hat mich! Die Musik kommt aus den Lautsprechern und ich geh ab! Meine Eltern machen es nach und es sieht super aus. Die Straße vor uns bewegt sich und wir gehen einfach ab, die Hände in die Luft oder ich schnappe mir links und rechts jeweils eine Hand.
Das Tanzen und Schauen macht müde, manchmal hören Mama und Papa dann auch keine Musik mehr, sondern es labbert einer aus dem Lautsprecher. Die finden das toll und ich langweilig. Also kuschel ich mich an die Seite. Wenn Papa neben mir ist, dann streichelt er mir über die Wange und hält einen Fuß von mir. Mama beugt sich zu mir und unsere Gesichter berühren sich. Dann bin ich auch schon weg.
Frisch ausgeruht wache ich auf. Wenn wir noch fahren, will ich mit Spielsachen unterhalten werden. Wenn nicht, dann sofort rausfinden, wo wir jetzt eigentlich sind. Es ist immer wie in einer Überraschungstüte. Alles sieht anders aus und wir machen die coolsten Sachen. Mit dem Einkaufswagen über den Parkplatz düsen, aufs Dach unser Wohnung steigen und die Aussicht genießen, die Gegend unsicher machen, Sand spielen, Schaukeln, Fahrrad fahren oder ich darf wandern. Am liebsten Treppen, Felsen oder Wurzeln hoch und runter steigen. Ich kann das schon recht gut. Manchmal alleine, mit einer Hand und wenn es doch mal größer wird mit beiden Händen. Wenn wir dann an einen Spielplatz kommen, renne ich los. Wehe, die anderen beiden wollen nicht…
Wenn auf dem Spielplatz andere Kinder sind, dann beobachte ich sie genau. Ich muss wissen was sie tun und machen. Ansonsten renne ich zu Schaukeln, Wippen oder Rutschen. Die kann ich schon alleine hoch und runter klettern. Das Hochklettern würde ich mir gerne manchmal sparen, aber meine Eltern wollen mich nicht hochtragen. Stetig sagen sie mir, dass ich das auch ganz alleine schaffe. Weg will ich gar nicht mehr, aber leider muss ich es. Meist gehe ich nur, wenn ich dafür ein Apfel, Müsliriegel oder Quetschie bekomme. Super lecker und es macht Spaß den Brei aus der Tube zu pressen. Der Deckel ist auch spannend und ich kann ihn schon drauf und ab machen. Ist aber auch nicht schwer! Klug und Stark bin ich nämlich schon.
Ich mache auch sonst viele Dinge, irgendwie muss ich meine Eltern beschäftigen. Deshalb zerstöre ich jeden Sandturm, den Papa baut. Ich will nicht das es ihm langweilig wird und neue bauen kann. Aus dem selben Grund fasse ich gerne in Wasser und mache mich nass. So müssen sie mich immer wieder umziehen, oder ich darf nackig laufen. Das ist super, so spüre ich den Sand und die Muscheln am ganzen Körper. Das Abwaschen macht aber nur Spaß, wenn mich Papa durch die Wellen zieht und Mama mich mit dem Handtuch warm kuschelt.
Nachmittags müssen sich dann die beiden Anderen mal alleine beschäftigen. Sie laufen dann ums Auto rum und spielen irgendetwas an meinem Waschbecken und Herd. Ich räume währendessen mal die Wohnung auf. Die Gewürze gehören da nicht hin, also kommen sie raus. Und wie die Eltern meine Spiele-Schublade immer einräumen, gefällt mir gar nicht. Also alles raus! Damit der Boden kuscheliger wird, werden die Decken oder Klamotten, je nachdem was ich finde, ausgebreitet und der Raum endlich gemütlich. Bevor ich fertig bin, muss ich auch schon wieder essen. Nudeln mag ich gerne, Reis auch. Dieses “Fleisch” mag ich nicht.
Nach dem Essen scheinen die Eltern müde zu sein. Jedenfalls bauen sie das Bett auf, sortieren meine Schublade natürlich wieder falsch ein und ich muss meine Hände waschen. Gesicht auch noch und das Zähneputzen hasse ich besonders. Ich werde festgehalten und nur weil ich schon mehr als 8 Zähne habe. Total unsinnig, vor allem weil ich dann eine Flasche mit Milch bekomme. Sie singen dann für mich und sagen, was das Schönste vom Tag war. Ich bin aber eigentlich gar nicht müde. Also springe ich nochmal auf und zeige auf die Spielsachen, krabbel zum Waschbecken oder versuche die Vorhänge nochmal loszumachen. Es hilft nichts. Irgendwie löst das Singen und die Ruhe doch was aus. Ich will kuscheln und so lege ich mich auf den Bauch von Mama oder Papa und schließe die Augen. Hoffentlich schlafen die anderen auch bald, damit sie morgens nicht wieder so lange schlafen.
Eure Lilou
So schön geschrieben 😊 Das Lesen macht immer große Freude!
Dankeschön! So formuliert es sich gleich leichter. Die nächsten sind schon in Arbeit