Mit dem Streitwagen durch Rom

Einmal als Auriga siegreich durch Rom fahren! Wer hat sich das nicht schon gewünscht? Und dann habe ich es doch nur als Pferd geschafft. Aber fangen wir von vorne an…

Wir verlassen die Marche und fahren erneut über die Staatsstraße Richtung Rom. Der Weg ist mit Lilou weit deshalb müssen wir zwischen halten und das an einem wunderbaren Picknickplatz. Es gibt zwei fixe Ofen, ein Spielplatz, einige Tische und Trinkwasser. Leider ist das Wetter regnerisch, also bleiben wir nur die Nacht. Aber wir probieren zum ersten Mal unsere Planen aus. Sarah hat sie genäht und passend zusammengefügt, das man sie über die Heckklappe ziehen kann und mit der Markise von vorne bis hinten laufen kann ohne nass zu werden. Hinten ist die Heckklappe verlängert und man hat somit den Platz um mit dem Tisch unter Dach zu sein. Wir spannen und bringen alles an, aber dann ist der Regen schon vorbei.

Am nächsten Morgen geht es weiter und wir treffen erneut auf eine Strasse, bei der zu Beginn ein Durchfahrt verboten Schild steht. Wir ignorieren es, folgen dem Navi und fragen uns sogleich ob dies klug war. Die Straße ist voller Schlaglöcher und von links und rechts wächst die Vegetation wild. Sie verengt die Fahrbahn und wir fahren weiter… Solange es geht, denken wir uns, muss man es probieren, aber wir rechnen damit jederzeit umdrehen zu müssen. Durch die Vegetation wirkt alles wie ausgestorben und einsam. Als fahren wir nach der Apokalypse. Und das Gefühl verstärkt sich, als wir oben ankommen und ein einsames leerstehendes Haus, ein ehemaliges Café, sehen. Die Fenster sind eingeschlagen, alle Elektroleitungen rausgerissen und durch die fehlenden Türen sind Kühe eingetreten.

An einer kleinen Kreuzung vor dem Haus stehen Wanderschilder. Lilou braucht ein wenig Bewegung und so folgen wir ihnen noch weiter den Berg rauf Richtung Parco del Monte Cucco. Es ist steil und oben eröffnet sich eine schöne Wiese. Wir denken sofort, wäre es wärmer würden wir eine Nacht mit dem Zelt hier oben verbringen. Dabei haben wir es. Aber es ist kalt und das Wetter sehr Apriltypisch, also geht es weiter. Und so schnell wie die Einöde und wilde Natur gekommen ist, so schnell sind wir wieder in der Zivilisation. Wir müssen nicht umdrehen, der Weg führt uns weiter und so bereuen wir die Entscheidung nicht.

Am Nachmittag kommen wir vor Rom an. Bei dem Naturschutzpark Riserva
Naturale della Marcigliana an. Ein so grosser Park, das in der Nähe des Parkplatzes ein Haus mit sechs Autos von Parkranchern steht. Sie kümmern sich wohl um den Naturpark. Nicht besonders, den als wir den Wanderweg folgen ist dieser ziemlich wild, die Informationstafeln zerstört und wir drehen um, als man keinen Pfad mehr erkennen kann. Aber sie sind sehr freundlich. Sarah fragt, ob wir zwei Nächte bleiben dürfen, während Lilou versucht eine der 11 Katzen vor dem Haus zu fangen. Für die Wächter passt es, einer kommt am Abend sogar vorbei und fragt ob alles in Ordnung ist und zeigt uns wo wir Trinkwasser finden können.

Es passt Lilou sieht Schafe und der Hirte ist Mal wieder so begeistert, dass er uns am nächsten Morgen frische Eier bringt. Es ist unglaublich wie gern uns die Menschen sehen. Oder besser gesagt Lilou. An diesem Morgen packen wir wieder die Räder aus und machen uns auf den Weg ins Herz von Rom. 50 Minuten soll es dauern. Perfekt, damit Lilou schlafen kann. Sie liegt im Fahrradanhänger und wir düsen los. Der Verkehr macht mich ein wenig fertig. Man bekommt den geballten italienischen Stil ab. Die Leute stehen in zweiter oder dritter Reihe und während wir mit den Rädern inklusive Anhänger vorbei fahren, überholt uns ein Auto. Das muss dicht ran fahren, damit es nicht zu weit auf der Gegenspur, die natürlich auch voll befahren ist. Nach wenigen Kilometern gibt es einen Radweg und es wird besser. Wir folgen dem Weg, den schließlich führen alle Wege nach Rom.

Während wir so fahren, wandelt sich die Stadt und unser Zustand. Die Häuser werden älter, immer wieder tauchen Ruinen auf und die Pompöse Geschichte dringt auf einen ein. Ich habe das Gefühl, nicht mehr auf dem Rad zu sitzen. Mein Gefährt ist nun ein Streitwagen, mit Lilou als Fahrer – Auriga. Ich bin wohl nur das Ross, welches den Wagen zieht. Die Stadt erschlägt einen und ein prunkvolles Gebäude ziert das nächste. Dazwischen taucht ab und zu ein Neubau auf, der überhaupt nicht in die Kulisse passt. Eigentlich schon eine Schandtat.

Das erste Gebäude ist das Colosseum. Wieder bewacht von zwei Militärfahrzeugen und drei Polizeiautos. Ähnlich wie in Florenz herrschte ein riesen Überwachungszustand und die Covid-Pandemie zeigt ihre Spuren. Wir sind fast überall alleine oder mit nur wenigen Menschen. Aber im Vergleich zu Florenz sind viel mehr Einheimische und Touristen unterwegs. Wir sind nicht alleine und man fühlt sich gleich viel wohler. Auch sind viele Geschäfte offen. Wir können sogar auf einem Markt Mittagessen besorgen. Leider kann man nicht ins Colosseum oder Pantheon. Wir stehen nur davor. Im Circus Maximus bleiben wir wie einige Einheimische liegen. Wir lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen und Lilou stolziert als Gladiator durch die Arena. Danach darf ich sie wieder ziehen und damit sind wir eine Attraktion. Die Italiener scheinen unseren Streitwagen sprich Fahrradanhänger nicht zu kennen. Sie sehen es zum ersten Mal. Ständig rufen sie uns hinter her und Lilou winkt wie die Queen aus dem Gefährt. Es fühlt sich schon ein wenig siegreich an.

Wir sehen ein wenig rein ins Forum Romanum, stehen vor dem Pantheon und Fontana der Trevi und gehen in die Kirche San Ignazio mit beeindruckenden Deckenfresken. Mir verschlägt es regelmäßig die Sprache und es ist ein riesen Geschenk diese Geschichte mit so wenig anderen Besuchern teilen zu müssen.

Mit Lilou kommen wir nicht unendlich weit und so heißt es bald Abschied nehmen und wir fahren erneut den hügeligen Weg im Verkehrschaos zurück. Oben nutzen wir die Sonnenstrahlen für eine Dusche und anschließend besorgt und Sarah ein Eis. Parallel dazu, taucht eine Frau vor unserem Auto auf. Sie gehört zu einer Festgesellschaft, die bei den Tischen des Parks eine Firmung feiern. Die Familie hat das gleiche Problem, wie alle anderen gerade. Sie dürfen offiziell nirgends sein. Also sind sie hier draussen alle mit Abstand und Masken und feiern. Sie lädt uns auf ein Stück Kuchen ein. Lilou bedankt sich herzlich in dem sie Küsschen schickt und wir feiern unsere Geschichtsreise mit Kuchen und Eis.

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