Manchmal will man nicht und muss dennoch so entscheiden. Stop! Halt! Keinen Schritt weiter. Es ist vorbei auch wenn es uns eigentlich noch zieht und der Wille da ist. Man muss aufhören, wenn es am schönsten ist…
Nach dem Matka-Canyon fahren wir weiter in die Lesnovo Höhlen. Ehemalige Mühlsteinabbaugebiete, in denen Familien mit Händen und Meißeln den Stein bearbeitet haben. Neben den kleinen verwinkelten Höhlen findet sich ein kleines Dorf. Eigentlich nur eine Handvoll Häuser, aber dennoch ein großes prunkvolles Kloster und ein riesigen Picknickplatz mit haufenweise Tischen, freien Grill, Wasser und einem Parkplatz für uns zu schlafen. Wir schauen uns das Kloster an und verständigen uns mit Händen und Füßen. Ich fühle mich nicht wohl, trage meine dreckige Wanderhose und Pullover. Noch dazu bin ich barfuss in den abgewetzen Flipflops. Aber nicht ich bin das Problem am Eingang, sondern Sarah. Sie darf nicht rein, nicht so wie sie gekleidet ist. Mit Hose. Ein Haufen Kleider liegen am Eingang und Sarah meint noch, hier war wohl Markt. Aber uns wird in Zeichensprache erklärt, dass sie einen Rock anziehen und nur damit das Kloster betreten darf. Ihr Rock ziert passender Weise auch nach das Muster von Ketten. Die Kirche ist ganz schön, wird extra für uns beleuchtet und im Garten stehen alte und große Bäume.
Am nächsten Tag geht es in den letzten Ort vor der Grenze. Wir wollen alles Geld ausgeben, wir haben zuviel abgehoben und jetzt noch umgerechnet 30 Euro. Wir gehen Essen, holen ein Eis, kaufen Obst und Gemüse, eine Computermaus und für Lilou ein Windrad. Und am Ende haben wir immer noch Geld übrig. Dann soll es wohl sein. Wir fahren weiter zur Grenze, um nach Bulgarien zu kommen. Aber es gibt kein Einlass. Wir müssen zurück. Wir haben keinen Corona-Test und ohne dem darf man nicht einreisen. Es stehen gerade andere deutsche Camper dar, die hatten das gleiche Problem. Sie erklären uns, wo wir einen Schnelltest machen können und wünschen uns viel Erfolg. Keine Apotheke, auch nicht das Krankenhaus, nein, der Zahnarzt macht den Schnelltest. Zum Glück hatten die Camper das gesagt, sonst hätten wir wohl ewig gesucht. Wir sind alle zusammen mit der Dame in einem engen Raum. Sie trägt keine Schutzkleidung und steckt sehr schnell den Stab tief in die Nase. Ganz kurz und schon ist es vorbei. Wir haben nun schon einige Test gemacht und dieser wirkte ein wenig nach Proforma. Wir sind negativ, wundert uns nicht. Wir bezahlen schließlich und neben uns bekommen welche ein Gutachten ohne das Stäbchen in die Nase rein. Ob da alles so richtig läuft. Nicht nachfragen, ab an die Grenze. Hier sammelt ein Pflegepersonal den Test ein, schreibt etwas auf ein Schmierzettel und gibt ihn uns. Die Dokumente von Test werden behalten (so kann man später nichts mehr anfechten). Mit dem Schmierzettel und den Pässen sind wir bei den Beamten, die uns auch gleich durchwinken. Willkommen Bulgarien!
Schließen wir an dieser Stelle Nordmazedonien ab. Wir waren nur 6 Tage da, zu wenig um das Land gut kennen zu lernen. Aber ich hatte ein wichtiges Gespräch und das Internet war in Nordmazedonien einfach zu schlecht (auch im Hotel). Also musste es schneller gehen. Wegen Hotel und Test war es auch Recht teuer und so kommen wir auf 43,58€ pro Tag. Aber wir haben groß eingekauft und sparen uns dann die ersten Tage in Bulgarien. Wir sind 531 km gefahren und spenden somit 53,10€. Ziel für Bulgarien ist es wieder günstiger zu reisen und mehr Zeit zu nehmen.
Deswegen bleiben wir auch recht bald nach der Grenze im Rila Nationalpark stehen. Direkt an einem Kloster mit dem Status UNESCO Weltkulturerbe. Es ist ein riesiges Anwesen mit Museum, Souvenirshop und Restaurant. Es gibt klare Regeln beim Betreten und die bescheidene Außenfassade der Kirche wird mit dem vergoldeten Inneren in allen Maßen übertrumpft. Ein gigantischer Kronleuchter in der Mitte wird morgens von der Sonne göttlich beleuchtet. Wir schlafen genau vor dem Kloster und fahren morgens früh weiter. Einmal um den Berg auf die andere Seite zu den Wanderungen.
Das Wetter ist gemischt und immer wieder regnet es ein wenig. Große Schauer sind angekündigt, wir wollen aber wandern. Wir haben keinen Stress, also entscheiden wir hier zu bleiben. Einen Tag gehen wir in die Therme, um den Schauern auszuweichen und die Zeit rumzubekommen. Die Therme ist schrecklich. Ein kleines 38°Grad Becken und dann noch zwei Pools. Eins kochend heiß, das andere vor dem Gefrierpunkt. Ende, mehr ist nicht. Aussen ist eine riesige Badelandschaft, weniger erholsam als für Kinder und Touristen mit Spieleparadies. Es ist extra zu zahlen und wir wollen ja nicht in den Regen. Dafür haben wir den Spabereich. Sauna, Dampfbad, Aromasauna und beheizte unergonomische Liegen. Das Dampfbad ist defekt und die Wasserhähne für die Fußbäder halten nur noch am Silikon. Aber wir sind ganz alleine. Corona macht es möglich. Super, so können wir mit Lilou hier oben ungezwungen sein. Sie kann spielen und wir stören niemanden. Während sie schläft sind wir in der Sauna, danach entspannen ist aber schwer. Der Spabereich wird mit Technomusik beschallt und das aus Lautsprechern, die lauter und leiser werden. Ich überlege schon die Kabel rauszuziehen, da fällt der Strom und alles ist aus. Ruhe.
Nach dem Tag im Wasser sind wir alle k.o. gehen früh schlafen, um am nächsten Morgen auf den Berg zu gehen. Bulgarien ist bekannt für seine Sieben-Seen-Wanderung hier. Wir wissen das erst seit jetzt, aber wollen es dennoch versuchen. Es sind weiterhin Schauer angesagt. Also früh raus, hoch und sehen, ob das Wetter mitspielt. Wir fahren mit dem Sessellift bis auf 2300m. 20 Minuten dauert das. Zum Glück ist Lilou bei Sarah und ich dahinter mit den Rucksäcken. Mit meiner Höhenangst, hätte ich das sonst wohl nicht gepackt. Die Sonne scheint, nur einzelne Wolken sind zu sehen. Einige Bauarbeiter legen einen neuen Weg an. Mit Pferden werden die großen flachen Steinplatten her transportiert und dann einzeln festgeklopft. Alles scheint gut zu sein und wir blicken auf hohe Gipfel und einige Schneefelder. Lilou läuft erst alleine und dann in der Kraxe. Zum ersten Mal bei Mama und sie schläft sofort ein. Wir können ein wenig schneller gehen. Aber nicht schnell genug. Hinter uns auf der anderen Seite der Berge, haben sich die Wolken bereits zusammengeschoben und als dicke schwarze Maße vereint. Es donnert und er schallt bis zu uns. Besorgt schauen wir hinüber. Wir müssen es im Auge behalten. Solange es so fern ist, ist es okay, ansonsten müssen wir schnellsten runter. Wir laufen weiter, den Blick auf die Füße, die beeindruckende Umgebung und vor allem die Wolken gerichtet. Sieben Seen sind hier oben, alle namentlich ihrer Form bedacht, auf unterschiedlichen Höhen. Es sieht ein wenig Kassladenformig aus und der höchste liegt auf 2900m. Eine Umrundung und die vollständige Tour dauert 4 bis 5 Stunden. Das werden wir nicht schaffen, dass ist uns schon klar. Nicht bei dem Wetter. Aber wir sehen den ersten See und dann den zweiten, auch einen dritten und laufen dann über ein großes Schneefeld zum Vierten. Irgendwann dazwischen war die Sonne weg, eingehüllt in Wolken. Und dann kam der Wind und wir schauten immer mehr nach oben. Immer wieder hörten wir Donner. Aber bald nicht mehr von ganz weit weg und die Wolken um uns rum wurden immer schwärzer. Wir sind nicht Bergerfahren, aber zu erfahren am Berg und wissen um die Gefahr. Kein Risiko eingehen. Wir schauen kurz nach vorne, ein wenig traurig, weil es uns doch zu den weiteren Seen gezogen hätte. Aber es heißt vernünftig sein, Verantwortung zeigen und aufhören, wenn es am schönsten ist!
Wir drehen um, die Wolken um uns in einem dunkel grauen Ton und wir motiviert schnell und bedacht hinunter zu kommen. Der Donner ist nun um uns. Rechts, links und zum Glück noch weit weg. Wir verstehen nicht, wie dennoch immer wieder einige Wanderer an uns vorbei Richtung Seen laufen. Erst als wir den Wald erreichen sind wir ein wenig erleichtert. Wir laufen bis nach unten ohne den Sessellift zu nehmen. Die Wolken hinter uns sind schwarz und mit jedem Schritt merken wir, es war die richtige Entscheidung. Keine 200 m vor dem Auto, schon am Eingang des Lifts, prasselt der Regen auf uns herab. 1,5 Stunden hat es noch gehalten und jetzt geht das Gewitter auch hier unten los. Wir gehen im Auto in Deckung und genießen das Geräusch von Regen auf das Autodach. Die Wolken sind schwarz, der Regen strömt, der Donner kracht und der Lift fährt unbeirrt und bringt Leute hinauf?! Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist.