8 m2-Paradiesgefühl

Irland trifft auf Portugal und entlädt sich in einem Sturm, welcher sich im Luxus von Platz, Raum, Zweisamkeit und Familienzeit entfaltet. So macht Regenwetter Spaß!

Wir fahren nach Lissabon direkt an den Flughafen. Die Aussichten könnten schlechter nicht sein, es sind fünf Tage Regen angesagt und es gibt wohl keine Fluchtmöglichkeit. Das so ersehnte Lissabon scheint das warme und schöne Wetter der bisherigen Tage nicht weiterzugeben und dennoch ist die Freude riesig. Die Oma von Lilou landet gerade am Flughafen, frisch eingeflogen aus Irland. Lilou war bereits früh wach, ganz aufgeregt, dass heute etwas tolles passiert. Doch erstmal ankommen am Flughafen, an dem es zwar nicht an Parkplätzen mangelt, aber tatsächlich an welchen für unsere Höhe. Also bleiben wir wie manch andere am Seitenstreifen für die Einfahrt der Leihautos stehen und holen die Oma ab. Vor ein paar Monaten hätte ich das nicht gemacht, mich einfach gar nicht getraut und nun merke ich die Änderung. Einfach nicht so viel denken, tun. Die Freude ist groß bei klein und GROSS und das Wiedersehen kann auch durch das einsetzende Tröpfeln nicht kleiner gemacht werden. Zusammen geht es zuerst zu einem Mietvan, der nun auf die Oma wartet. Sie leiht sich einen , um uns ein Stück zu begleiten, das Van-Life zu erleben und ganz viel Zeit mit Lilou und uns zu verbringen. Das gemietete Auto ist nicht größer als unseres mit Holz verkleidet und hat eine Tisch, Küche und ein Bett, welches aus dem Tisch gebaut wird. Es fehlt ein wenig an Ablagefläche und so lernen wir unseren Grundriss sowie kleinen Kartonaufbauten doch nochmal mehr zu schätzen. Aber der Wagen ist fein und das Beste ist, dass er unsere Wohnfläche verdoppelt! Wir haben zwei Zimmer, ein zusätzlichen Raum und das fühlt sich gerade nach einem riesen Luxus an. Wie sehr das so ist, merken wir schon am nächsten Tag…

Zunächst geht es allerdings hinein in die Stadt beziehungsweise auf die andere Uferseite. Dort können wir die Autos billig stehen lassen und mit einer Fähre direkt ins Herz der Stadt schiffern. Lilou schläft im Croozer und der Wind pfeift mit einzelnen Tropfen immer wieder über uns hinweg. Wir laufen ohne Plan und schlendern durch die Gassen, über die Plätze und an Läden und Menschenmassen vorbei. Lissabon soll man erleben, alle rühmen die Stimmung und die Fahrt mit der Straßenbahn. Ansonsten gibt es keine richtigen Sehenswürdigkeiten. Einfach erleben, aber die Stimmung ist wetterbedingt fröstelnd und nass. Die Straßenbahn nichts für den Croozer und voll. So gönnen wir uns den Luxus und trennen uns. Lilou bleibt mit ihrer Oma zusammen spielend auf einem Platz, während Sarah und ich in einem wesentlich schnelleren Tempo ein wenig die Stadt unsicher machen. Wir schlendern hier und dort, sehen einen Turm, den ein Schüler des berühmten Herrn Eifel im gleichen Stil errichtet hat und werden abgeschreckt von dem ersten Weihnachtsbaum. Weihnachtsschmuck und Lebkuchen begleiten uns schon länger, aber im Oktober einen Baum, ist dann doch sehr früh. Die Stadt wirkt, anders als Porto, keine Faszination auf mich aus, aber es ist ganz nett durch zu schauen und immer wieder über sehr kuriose Läden zu stolpern. Wie ein Laden namens Pop Cereals, welcher von oben bis unten mit Kellogg’s und Müsli Packungen voll ist oder ein Laden für Sardinen, der aussieht als wäre er aus einem Zirkus geschnitten. Karussell und nicht mehr laufende Popcornmaschine inklusive. Alles knallbunt und in kindlicher Anziehung. Für jeden Jahrgang gibt es eine andere Packung und man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Lange bleiben wir aber nicht, es ist zu frisch und so geht es schnell zurück zu Oma und Lilou. Kaum mit der Fähre auf der anderen Uferseite angekommen, prasselt der Regen auch nur so los. Wir stellen uns unter und fahren rasch weiter als der Regen ein wenig nachlässt.

Es geht hinaus aus Lissabon an einen Strand. Man kann die Schönheit des endlosen Strandes nur erahnen. Wir stehen hinter einer Düne, aber der Wind fegt über uns hinweg. Die Restaurants am Strand sind geschlossen und wir nur mit zwei anderen Campern. Das Gras der Dünen und der Büsche bewegt sich im Wind. Wir lassen unser Auto stehen und fahren zusammen mit dem anderen ins nächste offene Restaurant etwas essen. Und das ist nicht so leicht, nachdem keiner von uns Fisch mag. Aber Fisch ist hier das Gericht der Wahl und überall bekommt man welchen. Im Supermarkt werden thekenweise Sardinen, Krabben, Tintenfische und Fische verkauft. Besonders stinken tut der in salzeingelegte komplett flache Fisch, den man als solches gar nicht mehr erkennt. Ein bisschen Glück haben wir, es gibt auch Vegetarische Gerichte und eine Fleischplatte. Wir werden satt und fahren zurück. Der Wind hat deutlich zugenommen und immer wieder tröpfelt es. Auf meinem Handy erhalte ich eine Sturmwarnung. Doch zu spät. Als wir ankommen, bemerke ich es sofort, unsere Markise hat sich gelöst und zappelt im Wind, heftig um sich schlagend, um endlich die Freiheit zu erhalten. Die Stange, welche der Abschluss und die Befestigung war, ist weg, abgerissen und überall Wehen Fäden. Die Windstärke beträgt 45 km/h und das war wohl zuviel. Um das Auto herum finde ich die Stange, Haken und kleine Stücke einer Carbonstange. Ärgern bringt nichts und der Schaden muss bei Tageslicht betrachtet werden. Zum Glück ist nichts in die Windschutzscheibe hineingekracht. Wir rollen die Markise mit ein wenig Kraft ein und gehen hinein. Und hinein bedeutet in dem Fall, in zwei verschiedene Räume bzw. Busse. Ich gehe mit Lilou in unseren und lege sie zum Schlafen, während Sarah mit ihrer Mama schon Mal den anderen Bus gemütlich macht. Anschließend kann ich hinüber und wir an einem Tisch mit Platz Karten spielen. Der Luxus ist deutlich zu spüren. Nicht auf dem Bett sitzen, in dem das Kind schläft, Beine ausstrecken und zusammen anstoßen. Da stört auch der heftige Wind und Regen nicht.

Weil das Wetter so ist, lohnt es sich auch nicht an diesem Platz zu bleiben, der sicherlich mit Sonne wunderschön gewesen wäre. Also geht es in die Autos und wir fahren weiter. Sobald Lilou schläft, geht Sarah zu ihrer Mama. So können die beiden reden und ich meinen Gedanken hinter her reisen, während ich meine Musik höre. Doch nicht lange und Lilou wacht auf und will mittanzen und erzählen. Das die Oma da ist, ist einfach zu schön. Wir fahren vorbei an riesigen Feldern, welche mich an die Olivenhaine in Italien und Griechenland erinnern. Doch sind es keine Olivenbäume, welche hier gepflegt und in Plantagen angeordnet werden, sondern Korkbäume. Kork als Produkt der Rinde wird nach vielen Jahren Wachstum von den Bäumen geschält, gewaschen und behandelt, um flexibel genutzt werden zu können. Die Spuren der Entrindung sind klar und deutlich zu sehen. Alle Bäume weisen einen längeren geraden Stamm auf, welcher sich anschließend in zwei und mehr Ästen aufteilt. Bis zu diesen Ästen wird der Baum von der Rinde befreit und so sieht der Stamm dünn aus und im Übergang bildet sich ein dickeres Gewülst an Rinde. Auf dem Baum haben die Bauern Zahlen hinterlassen, welche wahrscheinlich die Jahre anzeigen, wann die letzte Ernte betrieben wurde. Ich hatte so etwas noch nie in echt gesehen und nur in Dokumentation davon erfahren. Es gefällt mir und ich mag aus den Kilometerlangen Alleen an den Korkplantagen gar nicht mehr heraus. Doch irgendwann biegen wir ab, verlassen die geteerte Straße und gelangen an einen Parkplatz mit direkten Blick aufs stürmische Meer. Es ist ruhig hier, herrlich aber windig. Sarah und ich erfahren Luxus und es ist wie Urlaub auf der Reise. Die Oma kocht, spült und spielt mit Lilou. Lilou ist ganz vernarrt und will ihr alles zeigen und ständig zu ihr in den Bus hinein. So ist es nicht schwer, sie morgens zu fragen, ob sie zu Oma will. Sie nickt und lässt sich aufgeregt anziehen, um dann in den Nachbarbus zu steigen. Hier erwartet sie Oma mit vielen neuen Spielen und noch keinen Ermüdungserscheinungen alle anderen Spiele zu wiederholen. Gleichzeitig haben Sarah und ich frei! Einfach Zeit ohne etwas tun zu müssen, ohne aufpassen und überlegen zu müssen, ohne ohne ohne. Einfach wir. Am ersten Morgen schlafen wir einfach direkt noch eine Weile weiter, diesmal ohne kleine Füße die zwischen uns nach Freiheit treten oder den kleinen Armen, die ständige Hautkontakt suchen. Nur wir zwei und Zeit für uns. Am nächsten Tag schauen wir einfach mal Serie und kuscheln. Es ist purer Luxus und es ist gar nicht viel was man braucht, nach einer Weile bereiten wir auch gerne Frühstück vor, während die anderen am Strand spielen. Das bisschen Zeit ist schon super und es tut der Seele gut. Wir haben auch Glück mit dem Wetter. Es ist nicht so schlimm wie angekündigt. Die Temperaturen sind nicht eiskalt, es regnet nicht ständig und so können wir auch raus und spazieren gehen. Endloser Sandstrand und wir genießen es einsam und alleine entlang zu gehen und den Sand zwischen den Zehen zu spüren. Lilou bleibt schlafend windgeschützt in der Manduka und wir kommen gerade rechtzeitig vor dem großen Guss zurück. Doch mit zwei Bussen ist der Platz gleich doppelt und das Regenwetter einfach zu ertragen. Es gibt kein Trübsal blasen und als mich doch ein wenig Kummer packt, gehe ich in das Wellengetöse. Einmal im eiskalten Meer eintauchen, die Kraft des Atlantiks spüren und alles davon spülen. Herrlich und voller Energie geht es frisch heran. Aufgeladen von Zweisamkeit und Luxus mit der Oma, sieht auch der Schaden an der Markise nicht so schlimm aus. Es hängen ein paar Fäden und wir müssen sie ein wenig kürzen. Aber sie war immer zu lang und alle Teile sind da. Wir rollen einfach so auf, quetschen, schieben, improvisieren und kleben am Ende alles mit Panzertape und schon ist es wieder repariert. Wir bleiben zwei Nächte an dem Strand, es ist einfach zu fein und nirgends das Wetter besser.

Es geht weiter nach Sines, wo wir an einem geteerten Platz neben einem Restaurant stehen. Auch hier sind wir nicht alleine. Einige Camper stehen bereits hier. Es ist waschen angesagt und so fahren Sarah und ich alleine in die kleine angrenzende Stadt, während Oma und Lilou am Strand spielen und spazieren gehen. Nur mit Wäsche im Croozer unterwegs und nur wir beide, das erste Mal auf dieser Reise. Es hört nicht auf und immer wieder, gibt es Erste Male, etwas Neues! Ganz entspannt waschen wir und gehen währenddessen in einen Ramschladen, welcher sich als gigantisches Labyrinth herausgestellt. Regale bis zur Decke vollgestellt mit allem was man sich vorstellen kann. Angefangen von Weihnachtsdeko über Toilettensitzen, T-Shirts, Schreibwaren, Sonnenbrillen bis hin zu Gartengerät und Kinderspielzeug. Wir holen eine Sonnenbrille, Holzleim, Schrauben,, Haarbänder ein Töpfchen für Lilou und zahlen 10 Euro. Völlig absurd und immer wieder müssen wir uns gegenseitig rufen, damit wir uns wiederfinden, nicht verlaufen und gemeinsam wieder heraus kommen. Mit frischer Wäsche geht es zu Lilou und Oma. Es gibt Essen im Bus, schlafende Lilou und erneut Kartenspielen und Portwein aus Sintra trinken. Leider ist es der letzte Abend zusammen und am nächsten Morgen das letzte Mal Zweisamkeit, denn Sarah und ihre Mama fahren mittags zurück nach Lissabon. Sie bringen den Bus zurück und machen einen Mädelsabend im Hotel, genießen die Dusche und das warme weiche große Bett. Unterdessen gibt es einen Tag Tochter-Papa! Wir fahren ein Stück weiter in die Algarve und mitten in das Naturschutzgebiet. Wir landen auf einer Küste, von der aus eine Treppe mit 137 Stufen zum Strand führt. Ein herrlicher Strand mit Sand und Stein und Felsen im Wasser. ganz besonders ist, dass auf den Felsen Störche nisten. Aber Lilou interessiert sich mehr für einen kleinen französischen Jungen, der ihr zeigt wie man auf den vielen Schiffertafeln, die hier liegen, mit kleinen Steinen malen kann. Sie haben einen großen Spaß daran und abends beim Aufräumen entdecke ich in ihrer Jackentasche eine kleine Platte mit einigen eingravierten Herzen.

Ein herrlicher Ort und Lilou und ich schlafen hier ganz alleine. Nicht nur die Mama ist nicht da, auch kein anderer Camper steht hier. Ganz eng kuscheln wir und schützen uns vor dem Wind, der am nächsten Tag auch noch wütet, aber nun gänzlich alle Wolken vertreibt. Nach Kuscheln, Tanzen und Frühstück fahren wir nach Aljezur. Wir haben eine Menge Spaß beim Herumblödeln und Entdecken. Es tut uns beiden ganz gut, mal für uns zu sein. In Aljezur spazieren wir durch die Gassen, essen Eis und gehen einkaufen. Anschließend holen wir die Mama vom Busbahnhof ab, die berets morgens in Lissabon eingestiegen ist. Wieder vereint, freudig empfangen und mit neuer Energie durch den Besuch der Oma geht es weiter, auf der Suche nach neuen Entdeckungen in den Algarve – dem Gebiet hier in Portugal.

Ein Kommentar zu „8 m2-Paradiesgefühl“

  1. Es war mega fein mit euch zu reisen.
    Vermisse die kleine, strahlende Maus, die am Morgen zum spielen kommt.
    Die Küste unterhalb Lissabon ist traumhaft schön, Natur pur und es ist unglaublich dass die Portugisen es bis jetzt geschafft haben sie nicht zu verbauen. Absolut eine Reise wert.
    Es ist eine grosse Leistung mit einem kleinen Wirbelwind auf so engem Raum so lange unterwegs zu sein.
    Ihr seid toll, ich beneide euch um diese Erfahrung u. bin richtig dankbar dass ich das ein paar Tage miterleben konnte.
    DANKE♥️

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