Drehen wir ein bisschen an der Uhr und reisen zurück in die Vergangenheit. Zumindest der Optik nach, lassen wir uns von Landschaft, Architektur und Geschichte des Landes verzaubern, während wir einmal quer hindurch eilen.
Bevor ich anfange zu erzählen, möchte ich kurz auf das Ende des letzten Berichts eingehen. Und auch ein wenig mehr über die Hintergründe dieser vielen Worte und Zeilen. Diese Texte entstehen meist am Handy geschrieben durch mich in den Abendstunden. Nur wenn Lilou schläft, habe ich die nötige Ruhe um Abzutauchen und den Gedanken in schriftlicher Form Herr zu werden. Manchmal schreibe ich auch bei ihrem Mittagsschlaf oder wenn ich eine meine “Alleine-Zeiten” habe. Angefangen habe ich alles für euch zu schreiben und jeden der es möchte mitzuteilen, was wir erleben und wo wir sind. Das hilft vielleicht auch die vor allem anfängliche Flut an Anfragen, die durch das Digitale Zeitalter möglich sind, in den Griff zu bekommen. Man kann immer hierdrauf verweisen und muss nicht alles doppelt erzählen. Aber mittlerweile sehe ich auch einen Schatz darin, denn wir für uns haben. Die Texte werde ich zu einem kleinen privaten Buch fassen, dass uns später immer an dieses verrückte Abenteuer und hoffentlich nicht einmalige Zeit erinnern wird. Eventuell habe ich auch die Muse und das Interesse eines Verlages, um erneut ein öffentliches Buch zu schreiben. Ideen gibt es, Abläufe und Wege kenne ich schon, aber die Zeit wird zeigen, was daraus wird. Meine Erfahrung zeigt, dass ich das Schreiben nicht erzwingen kann, sondern daß es passieren und laufen muss. Man merkt es auch an den Texten, nur in der richtigen Stimmung sprudeln die richtigen Formulierungen. Manchmal denke ich länger darüber nach. Immer beginne ich mit Hilfe eines Titels einen roten Faden zu all den Geschehnissen und Erlebnissen zu spinnen, und versuche dann wie nun jetzt auch Worte zu finden und Texte zu formulieren. Was ich tun kann, ist mich versuchen, in die richtige Stimmung zu versetzten. So habe ich mir beim letzten Text einen besonders schönen alten Baum herausgesucht, welcher direkt von der Sonne bestrahlt ein herrlich einladendes Plätzchen mit Aussicht auf die weite Ebene geboten hat. Er war schon abgestorben, leicht morsch und dennoch setzte ich mich auf den breiten Ast, lehnte an dem Stamm und schrieb…
Als ich fertig war, war mir warm von der Sonne und ich verkrampft vom Sitzen auf dem Ast. Aber fertig 😉 und als ich wieder hinunter kletterte und bereits drei Meter weg vom Stamm war, traf mich etwas heftig am Hinterkopf. Zumindest fühlte es sich so an. Wie ein Ast, der hinab fiel, sich dann aber beißende in mein Haar klammerte. Als ich hinfasste, spürte ich ein Tier, welches ich aus meinem Haar riss. Mein Kopf begann sofort fürchterlich weh zu tun, als hätte mich ein Baseballschläger mit einem Nagel getroffen. Ich schleuderte das Tier weg, welches in meine Hand passte, drehte mich um und sah das es zu dem Baum flog. Dort war es nicht alleine und ein ganzer Schwarm an Hornissen schwärmte aus. Wohl auf der Suche nach dem Angreifer, denn ich musste beim Abstieg mit meinem Schuh ihr Nest berrührt haben. Ich bin allergisch auf Wespen und als Kind hatte ich ziemlich heftige Reaktionen. Das ist zum Glück mit dem Alter wesentlich besser geworden, aber ich habe keine Ahnung, wie ich auf Hornisse reagiere. Mein Schädel pocht heftig und ich merke, dass ich benommen werde. Ich überlege, ob ich langsam bedächtig zu Sarah gehen soll oder lieber schnell, falls ich einen Schock bekomme oder ähnliches. Im Anbetracht der vielen Hornissen, dem Brummen im Kopf entscheide ich mich für Zweiteres und nehme die Füße in die Hand. Am Parkplatz angekommen, weiß Sarah schon das etwas nicht stimmt und ich sage nur Kühlung und Hornisse. Sie schüttet mir direkt die ganze kalte Flasche Wasser über den Kopf und ich setze mich. Der Schädel schmerzt nun durch den Lauf angeregt noch heftiger. Mit kalter Mozzarella und einer Bierdose aus Rumänien, die im Kühlschrank Staub fängt, kühle ich den Stich. Sarah fragt was sie im Notfall tun soll und ich zucke nur mit den Schultern. Wir warten, aber es passiert nichts. Mein Schädel tut höllisch weh, der Stich ist super schmerzhaft. Der Kopf fühlt sich nach der Zeit an wie ein Wasserballon, der doppelt so groß ist und in der Nacht schwillt er auch tatsächlich ziemlich an. Die Schwellung geht über das Ohr an den Nacken und ich kann nur seitlich liegen, am nächsten Tag mein Hals nicht richtig drehen. Erst nach 24h geht die Schwellung runter und es bleibt eine schmerzhafte kleine Beule, die noch dazu fürchterlich juckt. Das nächste Mal setze ich mich doch wieder auf den Beifahrersitz und schreibe dort…
Ansonsten ist der Ort, den wir hier erreicht haben wunderbar, wunderschön, ideal und voller Geschichte. Wir sind weiter über die Landstraße gefahren, haben einmal an einem Wildpark und Spielplatz gehalten und geschlafen. Lilou hat die Kinder und das Spielen genossen. Und das Füttern der Rehe und Lamas in den Morgenstunden war zum Schrei der Vögel im Wildpark ein feines Highlight.
Aber es ist kühl und bewölkt und wir fahren somit weiter. Wir folgen den gewundenen Strassen und sowohl mir als auch Sarah steigt ein Glücksgefühl auf. Es kommt uns beiden jeweils wenn wir fahren. Es sind die Strassen, die weiten hügeligen Ebenen, die gute Musik und das Lilou ausgelassen dazu tanzt, welche das Autofahren so wunderschön macht. Man spürt die Freiheit und die Weite, alles scheint möglich und der ganze Trip so unglaublich. Ich habe Angst, dass wir die Büchse der Pandora geöffnet haben und wir uns in einem bürgerlichen Leben nicht mehr einfinden und glücklich werden können. Diese Zeit ist unbeschreiblich. Ich schaue Sarah an und Frage, ob sie wirklich geglaubt hat, dass wir es 6 Monate schaffen, 9 Länder sehen und uns auf die kommenden so freuen? Sie sagt Nein und wir beide lachen. So macht fahren Spaß, Freude und wir genießen die Kilometer auch wenn wir wenig halten. Sehen tun wir dennoch die vielen Weiden mit Kühen die nicht mehr braun weiß, sondern nur noch weiß sind, dann nur noch braun, exotisch mal kurz schwarz weiß, bis zu Hochlandrinder. Alles wirkt im Zeichen der Kuh zu stehen und dennoch können wir im nächsten großen Supermarkt keine frische Milch kaufen. Erstmalig in ganz Europa. Neben den Weiden durchqueren wir kleine Dörfer und sehen einige alte Herrenhäuser. Die Gebäude sind aus massiven großen Steinen, welche mich sehr an Bilder vom Anfang des 20 Jht. erinnern. Es ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Alles ist ruhig, nahezu ausgestorben. Dazu alten Häuser und mächtige Ansitze. Aber wir bleiben nicht stehen und reisen weiter zurück bis sogar in die Zeit der Gallier und Römer. Wir landen in einem Naturpark, bei dem es so wirkt als wären an einigen Stellen große Partyzelte aufgestellt worden. Wir stehen am Parkplatz zum Mont Beuvřay. Und als wir den Hügel hinauf spazieren und sich der Blick über Autun und den Berggipfeln erstreckt, bin ich verzaubert. Ich weiß nicht genau was es ist, aber es gefällt mir ausgesprochen gut hier. Ich mag bleiben. Und so bleiben wir zwei Nächte. Wir werden belohnt mit einem besonders sonnigen und warmen Herbsttag, frühstücken in der Sonne bei dem Ausblick und entdecken die Geschichte.
Mossbewachsene Bäume am Druidenhain Panoramablick auf Autun Frühstück im der Sonne Auf Entdeckungskurs Standort bei Nacht
Vercingetorix, der berühmte gallische Feldherr, soll hier gestanden sein und auf das Gebiet geblickt haben. Gegen Cäser musste er dann dennoch seine Niederlage einräumen und wer im Geschichtsunterricht gut aufgepasst hat, weiß das sein Schild nun als Trage für Majestix und als Hilfsmittel für den Widerstand von Obelix und Asterix gegen die Römer dient. Es finden sich alte Reliquien und Spuren jener Zeit hier und so stellen sich die Partyzelte als Ausgrabungsstätte heraus, welche in großer Organisation mit Baggern und Infrastruktur die Schätze primär Ruinen preisgeben. Alte Häuser mit Kanalisation zeigen Ansammlungen von Menschen bis ins 19 Jht., welche in einem großen Treffen jedes Jahr gefeiert, Markt betrieben und religiöse Rituale abgehalten haben. Druiden und Priester und man versteht die Magie an diesem Ort. Am Abend geht mir dann erst recht ein Licht auf, warum ich so angezogen bin von diesem Ort. Es ist die absolute Stille! Es gibt kein Laut, weder künstlich noch natürlich. Keine Straße, kein Bach, kein Wind, kein Zirpen, kein Rauschen oder Plätschern. Einfach Stille und ich sauge sie gänzlich ein.
Ausgrabungsstätte Herrensitz Alte Gasse… … Dörfer… Und alles im allem Läden Einmal zurück in der Zeit Herbstfarben
Es ist genau einen Tag schön, dann ist es mit der Bewölkung auch gleich wieder deutlich kälter und wir fahren mit einer juckenden Beule weiter. Da wir immer noch kein Wasser in der geflickten Dusche haben und somit nicht wissen, ob sie nun erneut silikoniert dicht hält, steuern wir einen bestimmten Ort an. Ein kleines Dorf, welches einen Parkplatz mit Möglichkeit zum Wasserauffüllen, Klos, Spielplatz und einer gratis Dusche verspricht. Wir trauen dem Braten nicht so recht und werden knusprig positiv überrascht. Eine saubere öffentliche Toilette und Duschkabine mit warmen Wasser erwarten uns. Es ist alles liebevoll gemacht und primär für Radfahrer, die hier sogar eine Fahrradwaschanlage und Reparaturstation finden. Während wir alles auffüllen, Wäsche mit der Hand waschen und anschließend duschen gehen, spielt Lilou anfänglich alleine, dann mit anderen Kindern auf dem Spielplatz. Ganz so rosig ist es dann doch nicht, als Sarah mittendrin im warmen Wasserspaß, das Licht ausgeht, das Wasser kalt wird. Sicherung geflogen, es gibt kein Strom mehr. Aber kalte windfreie Dusche ist feiner als eine mit Wind…
Wir machen nur Pause hier und fahren weiter. Insgesamt fahren wir durch das Alsace, France-Comté, Burgundy, Clermont-Ferrand, Limousin nach Aquitaine . Es geht an den nächsten Spot, der dann doch nicht richtig zu sein scheint. Aber es gibt hier ein kleines Häuschen, welches uns erst vor Rätsel stellt. Wir wissen nicht was das sein soll. Es wirkt wie ein Brunnen, der Wasser sammelt, doch die Bretter, welche hineingetaucht sind, verstehe ich nicht. Sarah knackt das Rätsel und präsentiert uns einen alten Waschsalon. Hier kann und konnte professionell Handwäsche betrieben werden und ich bin fast in Versuchung es mit unseren Sachen einmal auszuprobieren. Aber es ist genug der Zeitreise, manchmal erfreut man sich an der Modernen und den Waschmaschinen beim Supermarkt.