Die Legende der drei Reisenden

Von hoch oben blickte er auf das düstere Gebiet. Sein Land! Die Blitze zuckten durch die Nacht und der laute Donner verschlang das Rauschen des Flusses. Sein Lieblingswetter und es gelüstete ihn nach einem weiteren Opfer. Wie schön hätte diese Nacht werden können, wenn ihn nicht die Botschaft erreicht hätte. Eine Botschaft, die etwas in ihm weckte und die Erinnerung an eine alte Legende schoss hervor. Nicht so alt wie er selbst. Oh nein, das waren die Wenigsten. Er war schon hier bevor die Geschichten ihren Ursprung fanden und er selbst war eine Legende! Gefürchtet und geliebt, eine Faszination in sich, schaffte er es, das Tausende willige Opfer freiwillig in sein Land kamen. Menschen, die das Unheimliche und Geheimnisvolle suchen, Opfer für ihn und seine vielen Kinder. Deshalb wusste er wie Geschichten, Märchen und Legenden entstehen und dennoch brachte die Nachricht einen Teil in ihm in einen lang vergessenen Zustand. Angst!

Es war nun drei Tage her gewesen, da berichteten seine Getreuen von einem seltsamen Gefährt, etwas noch nie Gesehenes. Ein Objekt, das einzigartig zu sein scheint und in Kombination aus Metall, Plastik und vor allem Karton so waghalsig wirkte. Konnte es das Gefährt sein, von dem die Legende sprach? Er glaubte es nicht. Aber als er vernahm, das die Insassen des Gefährts die Anzahl drei aufweisten, fragte er näher nach. Und wie die Legende besagt, waren es eine Jungfrau in Begleitung zweier älteren Personen. Da juckte es im Grafen, aber noch nicht so sehr, das er sich selbst bemühte. Die wilden Bären und Wölfe, die Nachts durch die Wälder streiften, würden sie sicher vertreiben. Giftige Schlangen und Füchse hatten schon so manchen unerwünschten Gast das Weite suchen lassen.

Die Warnung vor dem wilden Bär in der Nähe

Doch in der nächsten Nacht berichteten seine Tagspäher, die Raben und Falken, das die Wölfe zu weit weg sind und ihr Geheul nicht an das Gefährt dringen konnten. So mächtige und nutzbare Tiere, aber sie konnten nicht fliegen wie der Graf. Eine Schande, dachte er. Aber noch schlimmer waren die Bären. Anstatt das sie die Angst verursachten, die der Graf sich erwünscht hatte, suchten die Drei nach ihnen. Sie wollten sogar einen wilden Bären sehen! Die Schilder, Warnungen der Einheimischen und Warnmeldungen konnte sie nicht zum Zittern bringen. Das war schon fast die Höhe. Sie mussten weg, zu nah kamen sie seinem Sitz. Doch auch die Polizisten, die er schickte, um sie zu vertreiben, halfen nicht. Zwar verließen sie den Platz, aber nur um sich einen Neuen zu suchen. Noch näher an seinem Schloss. Was hatte er sich auch gedacht? Die Polizisten waren schwach gewesen. Die konnten nicht die richtige Sprache und waren viel zu freundlich gewesen. Sie hätten sie nicht verscheuchen können. Alles muss man selber machen, dachte der Graf! Mittlerweile war das Gefährt vor Brasov, der Kronstadt, angekommen und die Gefährten machten es sich gemütlich. Doch der Graf holte zum direkten Schlag aus. Drei Gewitter mit sichtbaren Blitzen und kräftigen Donner beschwor er hervor und ließ sie von allen Seiten auf sie zu rollen. Die ganze Nacht prasselte der Regen auf sie herab. Und was taten sie? Bibberten sie vor Schreck? Riefen sie um Hilfe und Erbarmen? Nein, die schliefen tief und fest. Dem Grafen schauderte. Konnte es also möglich sein? War die Legende wahr? Würden diese drei sein Ende bedeuten? Das konnte er nicht glauben. So ein kleines Wesen, so jung und naiv. Er lachte, er würde sie zu einer seines Gleichen machen und allen zeigen, das die einzig wahre Legende er – Graf Dracula – ist!

Der Tag verlief unruhig im Sarg des Grafen und so zitierte er sofort bei Einbruch der Nacht sein Gefolge herbei. Er wollte wissen was passiert war und wo die Quellgeister nun stecken. So wurde ihm berichtet, das die drei Brasov besucht hatten. Die kleine mittelalterliche Stadt, welche deutsch und rumänische Geschichte aufweist. Noch heute zieren viele Gebäude und Monumente deutsche Texte. Sehr zum Wohle des Grafen, den so kamen auch Ausländer in seine Länder. Ein anderer Geschmack, ein netter Leckerbissen. Der verging ihm aber, als er hörte, dass es den Drei ausgesprochen gut gefallen hat, die schöne Stadt zu erkunden, Eis zu essen, am Spielplatz zu spielen und die Sonne auf sich scheinen zu lassen. Die Sonne, ach wie eklig, dachte der Graf.

Da es so fein war, nächtigen die Drei mit ihrem Gefährt nicht weit entfernt an einem Parkplatz für Wanderer, Radfahrer, Kletterer und grillendes Picknickvolk. Es war Zeit sich selbst ein Bild zu machen und so erhob sich der Graf von seinem Sitz und flog in die Nacht. Auf dem Weg konnte er es nicht lassen und verschreckte die Bevölkerung Brasovs, so dass diese auf die Lande strömte und damit auch den drei Reisenden einen Massenansturm an Leuten bescherte. Kein Auge sollten sie zu machen und von Autos und Leuten gestört werden, grinsend zog der Graf seine Kreise. Als er die Reisenden erreichte, musste er feststellen, dass es seine List gar nicht gebraucht hätte. Das kleine Wesen schlief unruhig und hielt die anderen beiden gut auf Trapp. Und noch besser die ältere Reisende plagten üble Bauchschmerzen. Als sie sich das zweite Mal übergeben musste, wurde ihm schlecht und er zog von denen. Das sollte ihnen den Rest geben. Der nächste Tag brachte keine Heilung, sondern auch noch Fieber hinzu. Nicht sehr köstlich, dachte der Graf. Der Massenansturm an den Parkplatz riss nicht ab und über dem gesamten Tal zogen die Rauchschwaden der vielen Grillfeuer. Die Leute grillten zehnterweise Paprika und Auberginen bis sie schwarz wurden. Anschließend wurden sie geschält und zu einem Brei verarbeitet. Stundenlang und so fühlten sich die Reisenden sehr geräuchert. Sie suchten Schutz ein wenig weiter oben im Park, wo sie am Bach im Schatten den Nachmittag verbrachten. Es ging ihnen nicht so gut. Als dies der Graf in der Nacht zu hören bekam, freute er sich zunehmend. Seine Angst war gänzlich erloschen.

Hier ist ganz Brasov und es gibt keine Ruhe

Doch bereits in der nächsten Nacht, kochte der Graf vor Wut. Die Pferde berichteten von den drei Reisenden die jetzt ganz in der Nähe seines Schlosses waren. Direkt vor Bran. Es ging der Reisenden besser und so stolzierten sie bereits in seinen Wäldern. Keine Angst und Scheu zeigten sie, auch nicht vor den Opfern seiner letzten Abendessen.

Er würde auf sie warten, sie erwarten in seinem Schloss. Die Alten könnten seine Kinder haben, aber dieses junge Wesen würde er ganz alleine aussaugen! Dennoch huschte ein Schauer über seinem Nacken. Er hoffte diese Legende war nur eine dieser Geschichten…

Es klopfte heftig gegen seinen Sarg! Er hasste geweckt zu werden, noch dazu vor Sonnenuntergang! Die Schläge an seinen Sarg pochten an seine Schläfe und die Wut kochte in ihm hoch! “Sie kommen! Herr, sie kommen!”, drang eine Stimme durch die feste Eichendecke hindurch. Sofort war er wach und ließ den Deckel des Sarges zur Seite schwingen. Der Knecht zitterte am ganzen Leib und wiederholte seine Worte. “Wir waren uns erst nicht sicher mein Herr. Die drei Reisenden sind mit einem anderen Gefährt unterwegs. Genauer gesagt mit zwei. Aber jetzt da sie näher sind, kann man sie gut erkennen. Sie steuern direkt auf das Schloss zu!”

Es gab keine Zeit zu verlieren, schnell zog sich der Graf seinen besten Anzug an und wetze noch einmal seine Zähne. Er hatte noch Zeit, dachte er. Aber der Knecht erhob wieder seine zitternde Stimme. “Mit diesen Gefährten mit zwei Rädern ziehen sie an dem langen Stau vorbei! Sie sind bald da!“ Dann kam noch die lange Schlange, bevor man die oberirdischen Gemächer seines Schlosses besuchen konnte. Aber auch hier übersprangen die Reisenden die zwei Stunden und so kroch die Panik sichtlich in das Grafen Gesicht. Alles ging schneller als erwartet und so hatte er keine Zeit mehr all seine Rituale zu vollziehen. Langsam schlich er sich in die oberen Räume, nicht sichtbar für die vielen Besucher. Manche trugen Knoblauch, aber es war ein Trugschluss, das dies gegen ihn half. Ja, er mochte den Geruch nicht, aber so mochte er auch Autoabgase nicht.

Oben angekommen versteckte er sich in einem Schrank. Durch die alten Holzdielen konnte er genau hindurch sehen und musterte jeden Besucher ganz genau. Die Zähne waren scharf, sein Gesicht so fahl wie nie und sein Atem ruhig. Das war sein Metier, jahrhundertelang hatte er gejagt. Sie waren nur Beute und so blieb er geduldig, bis die Reisenden nach vielen einzelnen Räumen in diesen Raum kamen. Sie waren viele enge Stufen hinauf gegangen und hatten die Exponate betrachtet. Er hielt den Atem an und sah das kleine Wesen. Er würde nicht zulassen, das sie sein Ende bedeutete. Er würde sie nun zur Strecke bringen bevor sie ihn jemals angreifen konnte. Er war die Legende! Und mit diesem Gedanken sprang er hervor. Die Besucher erschraken, rannten schreiend hinaus und Panik machte sich breit. Nicht so bei dem kleinen Mädchen, sie zeigte auf den Grafen. Sie hob die Hand und lächelte ihn an. Ein Lächeln so schön, dass er seine finstere Grimasse verlor. Ein Lächeln, so magisch, dass es ihm in seinem kalten Körper ganz warm wurde. Eine Wärme, die sich von innen ausbreitete und überall in seinen Körper strömte. Bevor er zu ihr springen und sie beißen konnte, merkte er die Wärme und das damit verbundene Kribbeln. Blitzschnell schoss es überall hin und der Graf merkte, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Ganz starr wurde er, bevor auch sein Geist bewegungsunfähig wurde. Es ging so schnell und so endete der Graf an dem Lächeln eines kleinen Mädchens. Ein besonderen Mädchens. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann fahren sie noch weiter…

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